Porträt

Vom Blechbieger zum Digital-Start-up

(c) Lehky
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Als Gerhard Resch seine Bestellplattform für Spengler gründete, war der Markt noch nicht reif dafür. Jetzt reißen ihm alle das Konzept aus den Händen. Nicht nur Spengler.

Der Großvater war Spengler. Der Vater auch. Gerhard Resch wollte viel werden, aber nicht Spengler. Heute ist er ein moderner Digitalunternehmer – und dem Metier seiner Väter doch treu geblieben.

Alles begann 2005 in einer Vorlesung an seiner FH. Dort stellte sich zum Thema Reengineering ein Tischler vor, der sich eine Onlinebestellplattform ausgedacht hatte. Maßmöbel in 48 Stunden. Das wäre doch auch etwas für die Spenglerei, dachte Gerhard Resch, heute 36, damals 23 Jahre alt.

Resch ist ein Mann der Tat. Wenn er sich etwas in den Kopf setzt, macht er es. Und zwar sofort: „Plötzlich war das Feuer da“, sagt er. Gemeinsam mit dem Tischler konzipierte er eine Onlineplattform, auf der jeder Spengler, auch auf dem Dach sitzend, am Tablet eine Skizze etwa einer Regenrinne zeichnen und die Maße hinzufügen kann und sofort eine Preisauskunft bekommt. 48 Stunden später wird geliefert. Im Jahr 2005 war das eine Sensation.

Resch aber war noch nicht zufrieden. Er wollte selbst fertigen, mit modernsten High-End-Maschinen. Und mit Mitarbeitern, „die nicht acht Stunden am Tag an der Maschine stehen und Bleche biegen müssen“. Die Arbeit sollte „intelligent und digital“ sein.

Plötzlich war Resch also Jungunternehmer. Das Geld dafür borgte er sich vom Vater aus, von der Bank und über alle denkbaren Förderungen. Sogar der Tischler stieg ein. Weil er ja wusste, dass sein Konzept funktionierte.

Hier funktionierte es nicht. Erstens, weil die Aufträge nicht kamen. „Handwerker denken traditionell“, formuliert Resch höflich. 2005 trauten die Spengler dem neumodischen Braten nicht. „Ihr müsst in die Breite gehen, empfahl ihm jemand, und dafür einen guten Vertrieb auf die Beine stellen.“ So investierte der „digitale Blechbieger“ in teure Vertriebsmitarbeiter. Diese brachten auch nichts. Das lerne man nicht an der FH, stellte Resch ernüchtert fest: „Alle tun so, als kämen die Aufträge von selbst.“ Was nicht stimmt.

Plötzlich pleite . . .

Die zweite Hürde waren die Mitarbeiter. Resch hatte sich vorgestellt, ältere Spengler zu engagieren, die froh waren, nicht mehr aufs Dach steigen zu müssen. Doch diese scheuten die ungewohnten Digitalmaschinen, so wie auch junge Spengler nichts damit anfangen konnten. Technisch fitte Bewerber wiederum kannten sich mit dem Spenglerhandwerk nicht aus. Und eigene Spenglerlehrlinge konnte er nicht ausbilden, weil er ihnen ja nicht die Arbeit auf dem Dach beibringen konnte.

Ein Teufelskreis. 2007/2008 brachen auch die beiden wichtigsten Kunden weg – zu Beginn der Finanzkrise ein denkbar schlechter Zeitpunkt.

Resch ging in Konkurs. „Ich habe mein Lehrgeld gezahlt“, gibt er sich einsichtig. Er hatte zu viel Gas gegeben, zu viel investiert, die Prozesse waren noch nicht ausgereift gewesen, er war zu früh in die Breite gegangen. Er war 26 Jahre alt, „finanziell und emotional im Minus“, doch eines brauchte er sich nicht vorzuwerfen: dass er zu wenig gearbeitet hatte.

Die Bank ließ mit sich handeln, der Vater griff ihm unter die Arme. Resch warf Verkäufer und IT-Dienstleister hinaus und testete mit treuen Kunden so lang, bis alles passte. „Ich hätte klein beginnen sollen“, weiß er heute, „erst ausreifen lassen und dann in die Breite gehen.“

. . . und nun hochweis

Seit acht Jahren flutscht es nun. Die gleiche Idee, das gleiche Konzept. Jetzt läuft es. Seine Schulden hat er längst zurückgezahlt.

Dann kamen die Anfragen zu seinem Onlineshop. Ob er den eigentlich auch auf andere Handwerksbranchen übertragen könne? Er kann. Auf einer deutschen Messe wollten gleich 25 Firmen einen Shop bei ihm bestellen.

Doch Resch hat dazugelernt. Jetzt steht er lieber auf der Bremse und wickelt mit seiner IT-Zweitfirma einen Auftrag nach dem anderen ab. Setzt ihn sauber auf und skaliert behutsam. Weil manche tatsächlich aus Fehlern lernen.

ZUR PERSON

Gerhard Resch (36) kommt aus einer Spenglerfamilie und wuchs mit dem Handwerk auf. 2005 hörte er an seiner FH von einem Tischler, der eine digitale Bestellplattform entwickelt hatte. Resch übertrug dessen Konzept auf die Spenglerei, scheiterte jedoch zunächst. Erst im zweiten Anlauf reüssierte er mit seiner Firma Metaflex. Mit seinem zweiten Standbein, nuIT, überträgt er das Konzept und seine IT-Erkenntnisse auf andere Handwerksbranchen. Anfragen dazu kommen inzwischen aus der ganzen Welt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2018)

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