Porträt

Immer in Bewegung bleiben

(c) Stanislav Jenis
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Gebaut wird überall gleich? Ein Irrtum. Für Hubert Wetschnig, CEO von Österreichs viertgrößtem Baukonzern, Habau, war Beweglichkeit die beste Karrierestrategie.

Hochbau oder Tiefbau: Wer eines davon gelernt hat, ist als Bauingenieur ein Berufsleben lang festgelegt. Der Grazer Hubert Wetschnig (57) umging die Entscheidung von vornherein. Er spezialisierte sich auf das Baumanagement.

Seinen Start legte er 1990 bei der damaligen Stuag in Wien hin – im Hochbau. Als die sieben Jahre später von Marktführer Strabag geschluckt wurde, steckte man ihn in den Tiefbau, klopfte ihm auf die Schulter und sagte, „du machst das schon.“

Wetschnig, heute CEO und technischer Geschäftsführer von Habau, „machte“ es also. Er hatte seine Lektion gelernt: immer flexibel sein, immer beweglich und offen für alles, das da kommen mag.

Zuerst Auslandsaufträge

Sein erstes Projekt führte ihn nach Dublin. Gebaut wird überall gleich, dachte er. Ein Irrtum: In Irland starten Baubesprechungen mit der Frage nach etwaigen Arbeitsunfällen. Nicht nach Baufortschritt, Kundenzufriedenheit, Kosten? Nein, denn von den Unfällen hängt die Prämie der Obersten ab.

Das nächste Projekt brachte ihm die Erkenntnis, dass Zeit und Prioritäten relativ sind: In Doha, der Hauptstadt Katars, wartete das Team auf den Auftraggeber, einen Scheich. Der erschien Stunden zu spät, grüßte und verschwand im Gebetsraum: weil ihm zu Sonnenuntergang zu beten wichtiger war.

2004 wechselte Wetschnig zur Porr, der Nummer 2 im heimischen Markt. Nicht, weil es ihm bei Strabag nicht mehr gefiel, sondern weil nicht gehalten wurde, was man ihm versprochen hatte. Inzwischen Prokurist, hatte er eine Zusage für den nächsten Karriereschritt. Man vergaß einfach darauf. Eine Verzögerung, sagt er, hätte er verstanden. Aber ein Totschweigen? „Es mag altmodisch sein“, sagt er, „aber mit mir trifft man Vereinbarungen, die halten.“

In der Baubranche kennt man sich. Zwischen den großen Vier – Strabag, Porr, Swietelsky und Habau – wird ständig rochiert. Wieder könnte man denken, gebaut wird überall gleich. Wieder ein Irrtum: „Bei Porr war ich nur mehr zwei Ebenen unter dem Vorstand. Ich hatte zwar einen Ruf, der mir vorauseilte, trotzdem musste ich den Vorstand erst überzeugen.“ Also wieder bei Null beginnen, erst in Ostösterreich, dann in CEE, erst Tiefbau, dann wieder Hochbau.

Die größte Erkenntnis aus dieser Zeit: „Um wie viel mehr wir Alphatiere weiterbringen, wenn wir zusammenarbeiten“. Da war er selbst schon Vorstand.

Und jetzt Autobahnen

Viel weiter nach oben geht es nicht mehr. Seit einem Jahr ist Wetschnig nun CEO und technischer Geschäftsführer von Habau, das eigentümergeführt und wieder ganz anders gestrickt ist als die Vorgänger. Jetzt baut er Pipelines (die BRUA-Pipeline von Bulgarien nach Österreich) und Autobahnen, erweitert etwa die deutsche A10 und saniert die A24, beides Umfahrungen von Berlin. Mit innovativem Set-up: Es wird nicht mehr gebaut und abgerechnet, sondern der deutsche Staat vergibt den Auftrag als Konzessionsprojekt (in Österreich Public Privat Partnership genannt). Hier bedeutet es, dass Deutschland fixe Beträge zahlt und Habau und seine Partner die Autobahn planen, finanzieren, bauen und auf 30 Jahre betreiben.

Auch das Baugewerbe kämpft mit Nachwuchssorgen. „Daran kann ich mich nicht gewöhnen“, staunt Wetschnig, „dass heute keiner mehr als 40 Stunden arbeiten will. Für mich war früher 6 bis 22 Uhr normal.“

Weniger Stunden lässt sich nur mit mehr Effizienz realisieren. Die Digitalisierung hilft ihm hier. Einen Papierplan sah Wetschnig schon lange nicht mehr, die Poliere tragen heute am Tablet das große Ganze und alle kleinen Details mit sich herum. Mühsame Masseberechnungen (wie viele Kubikmeter Beton braucht diese Wand?) kalkuliert das Programm auf Fingerzeig, zeitraubende Mängellisten ersetzt ein Foto mit dem Smartphone, ein Klick ins Programm und schon haben die Professionisten die sie betreffenden Mängel auf dem Bildschirm.

Mit solchen Erleichterungen nähere er sich an die Jungen an, sagt Wetschnig, begeistere sie für den Job. Das Wichtigste aber sei das Ergebnis der Arbeit: „So ein Bauwerk kann man sehen, herzeigen, angreifen. Und es steht Jahrzehnte.“ Und das mache den Beruf zu etwas ganz Besonderem.

ZUR PERSON

Nach Stationen bei Stuag, Strabag und Porr ist der TU-Graz-Absolvent Hubert Wetschnig (57) seit April 2017 CEO und technischer Geschäftsführer von Habau. Die Habau Hoch- und Tiefbaugesellschaft mit Sitz in Perg/Oberösterreich ist ein gewachsenes Familienunter-nehmen mit 5000 Mitarbeitern und einem Bauvolumen von jährlich mehr als einer Milliarde Euro. Damit ist sie die Nummer vier der heimischen Bauindustrie. Der Tätigkeitsschwerpunkt liegt auf Österreich und Deutschland

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2018)

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