Porträt

Der Mann hinter den Aufnahmetests

Maximilian Kahr
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15.880 Anmeldungen für 1680 Studienplätze: Am Freitag finden an den MedUnis die Aufnahmetests für den neuen Medizinerjahrgang statt. Martin Arendasy hat sie wieder konzipiert.

Als er noch sehr jung war, erlebte Martin Arendasy (55) seinen persönlichen Paradigmenwechsel: vom Rechenschieber zum Taschenrechner. Seinen konnte man sogar programmieren, sagt er. Das prägte ihn.

Was danach kam, nennt er eine „sehr intensive Selbstfindungszeit“. Er wollte Psychologie studieren, mit Schwerpunkt Angewandte Psychometrie, doch seine Familie war dagegen. Brotlos, sagte sie.

Angewandte Psychometrie ist ein Teilgebiet der Psychologie, das sich mit psychologischen Messverfahren beschäftigt. Jetzt sind wir beim Thema: Arendasy ist der geistige Vater der legendären Aufnahmetests an den heimischen MedUnis und -fakultäten. Und vieler anderer Aufnahmetests, dort nicht unter eigenem Namen, sondern unter dem eines Mödlinger Testanbieters.

Erst spät setzte er sich bei seiner Familie durch, jagte in Mindestzeit (und mit Auszeichnung) durchs Studium und wurde vom Fleck weg von seinem Doktorvater engagiert. Er bezeichnet sich als untypischen Wissenschaftler: „Tagsüber Wasserträger an der Uni, nachts arbeitete ich für die Wirtschaft in der automatischen Itemgenerierung.“ In den 1990er-Jahren war ein Wissenschaftler, der für die Wirtschaft arbeitet, noch ein Exot. 

Ab Mitte 30 war er dauerbeschäftigt. Für einen Personaldienstleister konzipierte er Bewerbertests. Für die Wirtschaftskammer Steiermark ein Talent Center für 13- bis 15-Jährige, wo er umsetzt, woran er zutiefst glaubt: dass Tests nicht Schulleistungen, sondern Fähigkeiten, Fertigkeiten und Interessen messen sollen. „Es nützt mir doch nichts, wenn ich Fertigkeiten für etwas habe, das mich nicht interessiert.“ Für das Bundesheer arbeitet er gerade an einer Persönlichkeitsdiagnostik für Grundwehrdiener und Zeitsoldaten.

Geschlechtssensitive Tests

2012 luden ihn die MedUnis Wien und Graz ein, Aufnahmetests für sie zu erstellen. Na gut, er hätte sie „wahnsinnig gern“ adaptiv und für den Computer konzipiert. Man steigt auf mittlerer Ebene ein, und der Algorithmus errechnet, wie schwer die nächste Aufgabe sein muss, damit man sie mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit lösen kann. Liegt man richtig, wird die nächste Aufgabe schwerer, liegt man falsch, wird sie leichter. So könnten Uni-Aspiranten blockweise auf einigen wenigen Computern getestet werden, sinniert er. Und dass man sich so das Anmieten der teuren Messehallen sparen könnte.

Doch leider: Bis heute findet der Test mit Papier und Bleistift statt. An dessen Fairness schleife er jedes Jahr, „obwohl es kaum mehr etwas zu schleifen gibt“. Aufgaben, erzählt er begeistert, könnten „geschlechtssensitiv, nicht aber leistungssensitiv“ sein: dieselbe Aufgabe, einmal sieht man ein Objekt dreidimensional auf dem Bildschirm, einmal zweidimensional und mit den Tiefeninformationen an der Seite. Unabhängig von der eigentlichen Aufgabe schneiden Frauen im zweiten Fall systematisch schlechter ab. Also wählt er für seine Tests immer die dreidimensionale Variante, „und schon gehen die Unterschiede zwischen Männern und Frauen drastisch zurück“.

90 Prozent Absolventenquote

Arendasy geht es gut damit, mit seinen Tests über die Zukunft Tausender junger Menschen zu bestimmen. „Sie würden auch nicht in einem Job arbeiten wollen, in dem Sie unglücklich sind.“ Man müsse die jungen Leute dorthin lotsen, wo sie die größten Verwirklichungschancen für sich fänden und wo sie den größten Beitrag für die Wirtschaft leisten könnten: „Nichts ist schlimmer als ein verloren gegangener teurer Studienplatz, weil jemand aussteigt. Und Medizin ist besonders teuer.“

Die Zahlen („Alles, was keine Zahl ist, ist eine Meinung“) geben ihm recht. Vor Einführung der Zulassungsprüfungen schlossen in manchen Jahren nur 30 Prozent eines Jahrgangs ab, bestätigt die MedUni Wien. Jetzt sind es fast 90 Prozent.

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