Jugend 2013: Generation Z - Die ganz Jungen kommen

Im Oktober 2013 hielt Jugendexperte Philipp Riederle einen vielbeachteten Vortrag am DNA-Kongress ("Das neue Arbeiten"). Grund genug, einen früheren Artikel über die "Generation Z" zu aktualisieren.

Zwischen heutigen Mittzwanzigern und Teenagern liegen nur wenige Jahre. Doch die Unterschiede sind markant. Die Erkenntnis stammt aus einem Taschenbuch, geschrieben von einem gerade einmal 18-jährigen deutschen Jungen kurz vor dem Abitur. Seit er Letzteres in der Tasche hat, berät er DAX-Konzerne, die sich in die Lebenswelt der Pubertierenden – nennen wir sie die „Generation Z“ – hineindenken wollen. Wir geben auf diesen Seiten selten Lesetipps: Philipp Riederles rotziges „Wer wir sind und was wir wollen“ (Knaur) empfiehlt sich aber nicht nur Eltern, sondern auch Personalverantwortlichen. Die sollten sich warm anziehen.

1. Selbstbild
„Von euch (Digital Immigrants, Anm.) wird das Web 2.0 noch immer als Raketentechnik gehandelt. Für uns war es schon immer da.“ Aus Sicht der Teenies ist die digitale Welt kein Paralleluniversum mehr (was sie für die Gen Y noch ist). Sie leben ganz und gar in dieser Welt. Mit allen Konsequenzen: Die „Vision vom implantierten Chip“ verursacht ihnen kein Unbehagen mehr: „Ab den ersten Bildern unserer Geburt leben wir im Web und steuern unsere Welt mit Tablet und Smartphone.“ Privatsphäre? „Wir outen uns wie keine Generation zuvor.“ Ob der Chef die Bilder von der alkoholschwangeren Party sieht, ist ihm egal. Er solle sich lieber über das intakte Sozialleben seiner Mitarbeiter freuen, meint Riederle. Und überhaupt: Andere wird er nicht mehr finden.

2. Antrieb
Weder gute Noten noch die Aussicht auf „mein Auto, meine Jacht, mein Pferd“ spornen die Jungen an. Sie wollen wachsen: „Immer noch ein bisschen besser werden!“ Was dafür wichtig ist, bekommt Aufmerksamkeit, alles andere wird gnadenlos ausgeblendet.

3. Bildung
Lehrer verlieren den Status als unantastbare Wissensexporteure. „Wir bilden uns selbst“, schreibt Riederle, „und das schneller, als es die Pädagogen mitbekommen“. Die mündliche Note? „Unter der Bank nachschauen, sich melden und schon ist man positiv.“ Schularbeiten? „Copy & Paste ist als Kulturtechnik längst in Fleisch und Blut übergegangen.“ Statt „Teaching for the Test“ fordert er, „sich Wissen dann aneignen zu können, wenn man es braucht“.

4. Autorität
Besitzt ein Lehrer oder Chef natürliche Autorität, wird er respektiert. Dann darf er auch ein „älteres Semester“ sein. Respekt beruht nicht auf Macht und Status, sondern auf Kompetenz und Erfahrung. „Er soll das Beste aus uns herauskitzeln“, fordert der 18-Jährige. In diese Richtung dachte auch schon die Gen Y, zog es aber nicht so kompromisslos durch.

5. Rollenmodelle
Eltern sind keine Vorbilder mehr. „Ihr beißt die Zähne zusammen, um morgens aufzustehen und seid abends burnt-out.“ Stattdessen streben die Jugendlichen – noch ohne die wirtschaftlichen Notwendigkeiten zu kennen – nach „sinnstiftenden Tätigkeiten“. Sie wollen „etwas bewegen und einen relevanten gesellschaftlichen Beitrag“ leisten.

6. Struktur
Pünktlichkeit, Gründlichkeit, Ordnung und Struktur stammen aus der „Zeit der industriellen Revolution“. Exakte Terminvorgaben entlocken nur ein müdes Lächeln. „Alles um uns herum ist liquide“, schreibt Riederle, „ein festgelegtes Leben bietet keine Option mehr“. Im Ansatz kennen wir das von der Gen Y. Doch die hat sich noch mit Homeoffice und Multitasking zufriedengegeben, was letztlich auf räumlich und zeitlich fixen Strukturen basiert. Die Gen Z stellt sich die Arbeitswelt wie eine Facebook-Party vor: Wer kommt, ist da und bringt etwas zum Essen mit. Wir mögen es belächeln – am Gymnasium funktioniert es schon.

7. Marketing
Leere Verpackungen und ebensolche Versprechen werden durchschaut. Marketinglügen verbreiten sich schnell. Recruitern sei empfohlen, besser keine Employer-Branding-Worthülsen auf schlecht gepflegten Firmen-Facebook-Accounts zu posten. Die Gen?Z erwartet den höchstpersönlichen Mensch-zu-Mensch-Dialog. Bewerbungen nicht oder mit Standardbriefen zu beantworten, wird genüsslich im Web breitgetreten.

8. Netzwerke
Digital Immigrants halten soziale Plattformen für eine moderne Sache. Die Gen Y spielt vielleicht noch mit. Die Gen Z macht einen weiten Bogen um „Leute, die ihr Geschäft auf Xing anbiedern müssen“. Mit ihrem natürlich gewachsenen Freundeskreis und ihrer verinnerlichten Bereitschaft zur Zusammenarbeit verfügt sie über ein gewaltiges Netzwerk – und ist nicht so naiv, „Friends“ mit echten Freunden zu verwechseln.

Zu Philipp Riederles Vortrag am DNA-Kongress hier klicken!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2013, Andrea Lehky)

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