In der Pension ist nicht einfach alles gut

Arbeiten in der Pension. Längere Erwerbsarbeit, wenn es denn sein muss. Damit haben sich Herr und Frau Österreicher abgefunden. Die Hälfte ist noch immer davon überzeugt, dass danach paradiesische Zeiten anbrechen.

Wir arbeiten länger, leben länger, bleiben gesünder. Mit diesen Wirklichkeiten haben sich die Österreicher angefreundet. Andere Realitäten brauchen länger, bis sie durchsickern, liest Leopold Stieger (78), Gründer der Plattform Seniors 4 Success, aus einer Umfrage von Telemark Marketing heraus. Vier von zehn Berufstätigen (376 Befragte) halten demnach die Pension noch immer für ein „Allheilmittel, das einem erspart, sein Leben selbst zu gestalten“. Vor zweieinhalb Jahren, als die Umfrage zum ersten Mal durchgeführt wurde, glaubte das noch die Hälfte.
„So ist es aber nicht“, wettert Stieger, „diese Menschen sind dann vielleicht rund um die Uhr beschäftigt – die typischen Pensionisten, die keine Zeit haben. Sie fahren jeden Tag von Atzgersdorf nach Floridsdorf und wieder retour, um das Enkerl vom Kindergarten abzuholen. Aber es füllt sie nicht aus.“
Solche Erfüllung brächte nur geistig und körperlich herausfordernde Arbeit, egal ob bezahlt oder ehrenamtlich. Die mache Spaß, stifte Identität, Sinn und Wichtigkeit und verhelfe zu einem breiten Sozialleben, sagen die, die Arbeit in der Pension positiv gegenüberstehen. Geld nennen sie erst an zehnter Stelle, selbst wenn nur mehr jeder Fünfte dem staatlichen Pensionssystem vertraut.

Nichtstun macht alt

Die noch aktiv Berufstätigen teilen sich in zwei annähernd gleich große Gruppen. Knapp die Hälfte lehnt das Thema Arbeiten in der Pension kategorisch ab oder ist unentschlossen. Sie riskiert nach Stiegers Überzeugung einen raschen körperlichen und geistigen Abbau. Die andere Hälfte will arbeiten, um ein Drittel mehr als zuletzt. Für Stieger wird sie ihre Leistungsfähigkeit länger behalten.
Ähnlich spiegeln das die bereits Pensionierten wider. 53 Prozent frönen der endlosen Freizeit. 35 Prozent arbeiten ehrenamtlich, ein Zuwachs von zehn Prozent zur letzten Umfrage (den vielen Lese-Omas sei Dank). Nur zwölf Prozent arbeiten bezahlt, annähernd so viele wie bei der letzten Umfrage.
Hier liegt das Problem: Die Unternehmen haben wenig Motivation, Pensionisten zu beschäftigen. Diese wiederum wissen nicht, wie man sich verkauft, und streben Dauerstellen an, wie sie sie von ihrer aktiven Zeit kennen. Erfolgreicher wären sie mit Projektaufträgen, sagt Stieger: „Ein Tischler darf nicht sagen, ,Ich war Tischler, stell mich an‘. Sondern ,Ich kann runde Kanten noch von Hand schleifen‘ oder ,Ich kann noch die alten Maschinen bedienen‘. Er darf sich auch nicht zu schade sein, einmal vier Tage beim Aufbau eines Messestandes zu helfen.“

Vermittlungsplattform ruht

Nützlich für die Vergabe solcher Projektjobs wäre eine Vermittlungsplattform, die Unternehmen, NGOs und Senior Experts zusammenbringt. Diese Plattform existiert, programmiert von der Universität Innsbruck. 400.000 Euro war sie der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) wert. Nun liegt sie brach. „Niemand hat an die Mittel gedacht, um den regelmäßigen Betrieb zu finanzieren“, seufzt Stieger, „ein typisch österreichisches Schicksal.“ Sein Vorschlag: Der Staat solle den Betrieb sicherstellen, ähnlich wie beim AMS.
Bis dahin rät Stieger, schon einmal nachzudenken, was man gut kann und gern tut: „Die Kernfrage lautet: Welche Träume konnte ich früher nicht ausleben?“

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