Gewalt: Arbeitsplatz als Risikozone

Tatort Arbeitsplatz. Neue EU-Studie ergibt: Gewalt am Arbeitsplatz ist nach wie vor ein Thema in Österreich.

Laut einer EU-Studie erleben in Österreich derzeit 1,2 Prozent aller Erwerbstätigen Gewalt am Arbeitsplatz. EU-weit sind es zehn Prozent.

Die meist weiblichen Betroffenen werden oft allein gelassen. Vertreter der Gewerkschaften, der Arbeiterkammer (AK) und verschiedener Operschutzeinrichtungen forderten bei der Tagung "Tatort Arbeitsplatz" am vergangenen Mittwoch in Wien Enttabuisierung und stärkere innerbetriebliche Unterstützung. Denn oft trauten sich Betroffene nicht, die Tat öffentlich zu machen oder anzuzeigen.

Gewalt am Arbeitsplatz als "Teil des Frauenlebens"

Physische, psychische und sexuelle Gewalt erleben vor allem Frauen - insbesondere junge, oft in unsicheren Dienstverhältnissen. Gerade bei ihnen ist die Angst groß, sich jemandem anzuvertrauen oder zur Polizei zu gehen. Daher können kaum konkrete Zahlen erhoben werden, wie viele Gewaltbetroffene es wirklich gibt.
Nach wie vor sei das Reden über sexuelle Gewalt ein Tabu, hinzu kommen häufig Selbstvorwürfe, die Furcht vor Jobverlust und die erwartete Gleichgültigkeit von Kollegen und Vorgesetzten, erklärte Birgit Haller vom Institut für Konfliktforschung: "Die betroffenen Frauen werden sogar häufig von den Tätern als Spaßverderberinnen bezeichnet, wenn sie Stopp sagen."

In ihrer Eröffnungsrede zur Veranstaltung sagte Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) gerade in Zeiten, in denen Menschen wie Donald Trump an der Macht seien, müsse man sensibilisiert sein. Auf die Sprache solle geachtet werden - respektloses Wording gegenüber Frauen gebe es etwa im politischen Kontext genug. Diese Form der Gewalt komme auch oft in Betrieben vor, werde aber oft übersehen: "Wir haben zum Thema Wertigkeit von Frauen am Arbeitsplatz immer noch zu kämpfen."

"Gewalt im öffentlichen Raum ist Teil des Frauenlebens", betonte auch Dina Nachbaur von der Verbrechensopferhilfe Weißer Ring. "Gewalt ist immer ein Verbrechen, für viele ist es aber nicht leicht festzustellen, was strafrechtlich relevant ist." Oft sei auch unklar, was unter den Begriff fällt. Auch das seien Gründe, dass viele Betroffene schweigen. "Ist man sich nicht sicher, kann man sich kostenfrei bei Opferschutzeinrichtungen beraten lassen", empfahl Nachbaur.

Unternehmen müssen Hilfe leisten

Umso wichtiger ist den Organisatoren der Tagung, dass innerhalb der Betriebe Maßnahmen gesetzt werden, um Betroffene zu unterstützen. "Die Unternehmenskultur muss sich anpassen", betonte Karmen Riedl vom Rechtsschutz der AK Wien.
Denn grundsätzlich ist es der Arbeitgeber, der verpflichtet ist, für die Sicherheit der Mitarbeiter zu sorgen.

Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser, plädierte für couragiertes Verhalten in Betrieben nach dem Motto " Hinschauen statt Wegschauen". Den Arbeitgebern müsse das Thema wichtig sein.

In Österreich gebe es zur Opferhilfe etwa die Möglichkeit von Prozessbegleitung und weitere staatliche Unterstützungen sowie kostenfreie Beratung und Notrufe, etwa die Frauen-Helpline gegen Gewalt. "Das sind Angebote, die man kennen sollte", meinte Nachbaur abschließend. "Es muss keine allein kämpfen."

Infos

Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser - www.aoef.at
Weißer Ring - www.weisser-ring.at
Gleichbehandlungsanwaltschaft - www.gleichbehandlungsanwaltschaft.at

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Crashkurs Arbeitsrecht

Crashkurs Arbeitsrecht: Was ist Diskriminierung?

Folge 29. Nicht jede Herabwürdigung im alltäglichen Leben ist rechtlich gesehen "Diskriminierung". Der Rechtsbegriff ist teils weiter, teils enger gefasst als es im Alltag der Fall ist.
Crashkurs Arbeitsrecht

Crashkurs Arbeitsrecht: Was ist Mobbing?

Folge 27. „Das ist ja Mobbing!“ ist ein häufiger Vorwurf. Dabei gibt es nicht einmal eine allgemein anerkannte Definition. Grund genug, Mobbing in der Arbeitswelt näher zu beleuchten.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.