Der gerade Weg der Konsequenz

Porträt. Nicht eine einzige Bewerbung schickte Ankerbrot-Personaldirektorin Alexandra Ballaun in ihrem Leben ab. Sie ging 21 Jahre lang mit ihrem Unternehmen durch alle Höhen und Tiefen. Und beweist, dass Loyalität kein leeres Wort ist.

Ein Recruiter würde ihren Lebenslauf wohl kritisch beurteilen. Als sie das sagt, lacht Ankerbrot-Personalchefin Alexandra Ballaun. 21 Jahre im selben Unternehmen, wer ist das heute noch? Langweilig war es jedoch keinen einzigen Tag. Vier Eigentümer hat sie hinter sich, „ganz viele“ Vorstände und Geschäftsführer, häufig wechselnde direkte neue Vorgesetzte: „Ich musste permanent beweisen, warum eine, die schon so lang dabei ist, bleiben soll.“
Was ihr leicht fiel: „Spätestens bei den nächsten Kollektivvertragsverhandlungen war jedem klar, wie wichtig Erfahrung, Kontakte und Gespür sind.“ Selbst, dass sie sich immer wieder neu bewähren musste, findet sie „befruchtend. Ich habe von jedem etwas gelernt.“

Was ansteht, wird angepackt

Es gab auch ein Leben vor Ankerbrot. Ballauns berufliche Anfänge reichen bis in ihre Kindheit zurück. Als sie zehn Jahre alt war, gründete ihre Tante den Verein Balance für Menschen mit Behinderungen. „Sie hat Feriencamps in Lignano organisiert. Als Kind habe ich die Sommerferien dort verbracht. Und ab 16 Jahren mitgearbeitet.“
Das bescherte ihr Lektionen fürs Leben. So wie die von jenem spastischen Jungen, den jeder, der ihn im Rollstuhl sah, für geistig und körperlich behindert hielt: „Dabei war er hochintelligent und ein großartiger Schachspieler. Da habe ich verstanden: Unterschätze niemanden.“

Schon damals zeigte sich eine charakteristische Eigenschaft: Was ansteht, wird angepackt, organisiert, strukturiert, und wenn es dann läuft, einem Nachfolger übergeben: „Vorher kann ich nicht raus.“ Nach der Behindertenbetreuung übernahm sie Verwaltung und Personalbüro – für weit mehr als die 30 Stunden, die sie angestellt war.
Keine Frage, dass darunter das WU-Studium litt. So nahm sie 27-jährig freudig das Angebot von Ankerbrot für einen Teilzeitjob als Personalreferentin an: „Ich dachte, wenn ich dort wirklich nur 30 Stunden arbeite, bin ich mit der Uni schnell fertig.“ Ein Irrtum, denn schon bald flogen ihr wieder Zusatzprojekte zu, die sie den Uni-Abschluss auf eine Babykarenz in ferner Zukunft verschieben ließen. Er dauerte noch länger. In den folgenden Jahren stieg sie zur Leiterin der Personalabteilung auf, baute ein Haus, bekam Kinder und schloss BWL nur ab, „weil ich alles bis zum Ende durchziehe“.

Viel habe sie in jenen Jahren erlebt, sagt die Personalchefin. Ankerbrot übernahm Firmen und wurde selbst übernommen, der Personalstand sank von 3000 auf 1100 Mitarbeiter, Filialschließungen mit berührenden Schicksalen, dann Ausgleich, Beteiligungen und jetzt die Holding, die den Charakter des einstigen Familienbetriebs von Grund auf veränderte: „Obwohl wir eine Aktiengesellschaft sind, haben wir nicht für alles einen Spezialisten. Das macht die Arbeit so vielfältig und interessant.“

Erst Job, dann Ausbildung

Bietet man einer Frau einen Karrieresprung an, tritt ein wundersames Phänomen auf. Egal, wie qualifiziert sie ist, sie wird erst ein paar Kurse absolvieren wollen, bevor sie sich den Job zutraut. Ein Mann greift sofort zu. Atypisch für eine Frau ließ sich auch Ballaun nicht lang bitten, als ihr der Vorstand 2015 einen Platz im Managementteam anbot. Dort ist sie nun für die strategischen HR-Agenden von Ankerbrot und den drei Tochterfirmen verantwortlich.

Die passende Ausbildung holt sie gerade nach. Die Personalchefin nimmt am Lehrgang „Zukunft. Frauen“ teil, der eigentlich für Frauen gedacht ist, die sich erst auf den Sprung in Topmanagement, Vorstand oder Aufsichtsrat vorbereiten. Sie ist dort schon angekommen – und wird wohl noch eine Weile bleiben: „Ich glaube an dieses Unternehmen. Es hat mehr Energie, Potenzial und Möglichkeiten als viele andere.“

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