Parship für Headhunter

Recruiting. Sie sollen Jobsuchende und Unternehmen zusammenbringen. Doch so richtig warm werden Österreichs Personalberater mit digitalen Such- und Selektionssystemen bisher nicht.

Jetzt gibt es schon wieder eine neue Jobplattform. Instaffo heißt sie und kommt von einem Heidelberger Start-up. Anfang Juni verkündete es vollmundig: „Ab nun wird der Job den Bewerber finden und nicht umgekehrt.“ Doch leider, die Nachfrage sei so überwältigend hoch, dass man nur begrenzt neue Kunden aufnehmen könne.

Und dann ist da noch Google. Dem Vernehmen nach will der Suchmaschinengigant im Oktober oder November Google Hire launchen, ein Bewerbersuchsystem (Applicant Tracking System, ATS), das natürlich mehr kann als nur die sozialen Medien nach Schlüsselbegriffen abzusuchen. Die semantische Suche soll sich – Cookies sei Dank – über sämtliche Spuren erstrecken, die ein Mensch im Internet hinterlässt, diese mit passenden Jobs abgleichen und Vorschläge frei Haus auf den Desktop liefern. Das erwartet man jedenfalls, denn noch wird Google Hire streng unter Verschluss gehalten.

Einer der Ersten, der dann aufspringen wird, ist Pendl & Piswange-Geschäftsführer Gerhard Krennmair. Seit seinem Amtsantritt vor drei Jahren verordnete der frühere Hewlett-Packard-Direktor der davor eher traditionellen Personalberatung eine zügige Modernisierung. Krennmair sah sich gar Recruitingroboter an. Die Ernüchterung folgte auf den Fuß: „Die sind nur so gut, wie es ihnen ihr Lehrer beibringt.“ Abschreckendes Beispiel war ein Roboter, der mit rechtsradikalen Inhalten gefüttert wurde – und selbst rechtsradikal zu denken lernte. Dennoch, wenn IBMs künstliche Intelligenz Watson eines Tages in die Personalberatung gehe (woran bereits gearbeitet wird), erwarte er sich viel davon. Bis dahin vertraue er lieber seiner Menschenkenntnis.

Halb digital, halb analog

Mit Crawlern, die das Web nach Suchworten absuchen, arbeitet Eblinger-Geschäftsführer Florens Eblinger. Allerdings nur, wenn es haarig wird: „Einen Marketingleiter finde ich auch mit klassischer Suche. Einen Spezialisten für Helikopterantriebssysteme nicht.“ Spürt sein Crawler einen solchen auf, spricht ihn Eblinger über die sozialen Medien an. Wie früher einfach am Arbeitsplatz anzurufen („Können Sie reden?“) vermiesen aufmerksame Arbeitgeber den Personalberatern zunehmend: Die Rezeptionistin stellt verdächtige Anrufe gar nicht mehr durch.

Übrigens geben sich die heimischen Personalberater mit breitenwirksamen Plattformen wie Xing und LinkedIn kaum mehr ab. Sie bekommen Aufträge überhaupt erst, wenn ihre Kunden dort nicht selbst fündig wurden.

In den USA bäckt man in der Zwischenzeit größere Brötchen. Workday und Oracle etwa bauen riesige HR-Systeme, die weit über das bloße Recruiting hinausgehen. Algorithmen und künstliche Intelligenzen spüren Kandidaten auf, Chatbots wie die kürzliche vorgestellte Olivia leiten sie durch den Bewerbungsprozess, Simulationen testen ihre Fähigkeiten ab.

Warum diese Werkzeuge in Österreich nicht so recht angenommen werden? „Wir sind ein KMU-Land“, meint Deloitte-Partnerin Margareta Holz, „so viel Budget bekommt Human Resources hierzulande gar nicht.“ Immerhin wird es wichtiger: Da die Besetzungsnot schon recht groß ist, wandert Recruiting zunehmend auf die persönliche Agenda des Vorstands.

Noch etwas hält die Personalberater von allzu elektronischen Tools ab. „Haben wir endlich ein paar Kandidaten gefunden“, sagt Aristid-Chef Erwin Schmidt, „setzen wir ihnen doch keinen Blechtrottel gegenüber. Das schreckt sie ja ab.“

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