Warum wir arbeiten: Sieben Motive, und welche Rolle das Geld dabei spielt

Lebensmodell. Stell dir vor, du bekommst ein bedingungsloses Grundeinkommen. Was machst du dann?

Wir arbeiten, um von dem Verdienst zu leben. Um wie viel selbstverwirklichter wären wir, wären wir nicht mehr abhängig von unserer Erwerbsarbeit? Endlich Zeit für wirklich Wichtiges ... So argumentieren die Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens. Die Gegner erleben Erwerbsarbeit mit allen ihren täglichen Herausforderungen als durchaus sinnstiftend.

Die Motive, arbeiten zu gehen

In Zeiten, in denen Roboter und künstliche Intelligenzen immer mehr Berufsbilder obsolet machen, ist es legitim, sich mit Lebensmodellen mit und ohne Erwerbsarbeit auseinanderzusetzen. Für die Studie „Wertewelten Arbeiten 4.0“ gab das deutsche Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Umfrage darüber in Auftrag, welche Motive die Menschen antreiben, arbeiten zu gehen. Geld ist eines davon – aber nicht das einzige. Nach 1200 Tiefeninterviews mit Werktätigen kristallisierten sich sieben Motive und ihre Verteilung heraus. Es darf angenommen werden, dass sie weitgehend mit den Motiven österreichischer Werktätiger übereinstimmen.

  • Die Bequemen: Sorgenfrei leben. Ein schönes Gefühl, angstfrei in die Zukunft zu schauen. Privat und familiär so zu leben, wie es gefällt – dank den Früchten der Erwerbsarbeit. 30 Prozent der Befragten, die bei Weitem größte Gruppe, identifizieren sich mit diesem Ziel. Wenn es möglich ist, meiden sie Leistungs- und Konkurrenzdruck und berufliche Zwänge. Erwerbsarbeit hat den einzigen Zweck, ein komfortables Privatleben zu ermöglichen. Einem bedingungslosen Grundeinkommen stehen sie positiv gegenüber, wenn es denn nur hoch genug ist, die Lebenswünsche zu erfüllen.
  • Die hart Arbeitenden: Damit wir es einmal besser haben. Jeder kann es schaffen, wenn er sich nur anstrengt. Arbeit muss ja keinen Spaß machen. Diese Gruppe, der sich 14 Prozent der Befragten zuordnen, steht für die traditionellen Werte der Nachkriegsgeneration. Sie pendelt zwischen entschlossenem Leistungswillen und der Hoffnung auf künftigen Wohlstand. Sie ist hart zu sich und hart zu anderen und erwartet von Management und Politik, dass beide die Voraussetzungen schaffen, damit sich „ehrliche“ Arbeit auszahlt.
  • Die Ausgewogenen: Arbeit und Leben im Gleichgewicht. Eine stabile Balance ist das Ziel von ebenfalls 14 Prozent der Befragten: zwischen Arbeit, Familie und persönlicher Selbstverwirklichung. Ideelles zählt mehr als Materielles. Die Balancierten wollen engagiert, aber stressfrei arbeiten. Für ihre Leistung erwarten sie Lob und Anerkennung. Mitgestaltung bei Arbeitsinhalt, -zeit und -ort setzen sie voraus. Müssten sie nicht mehr des Geldes wegen arbeiten, sie würden sich ehrenamtlich engagieren.
  • Die Verweigerer: Arbeit als störendes Übel. Das Leben finde außerhalb der Arbeit statt, sagen zwölf Prozent der Befragten. Mit der Arbeitswelt, wie sie sich ihnen darstellt, sind sie hochgradig unzufrieden: Druck und Stress verleiden ihnen die Atmosphäre, Unsicherheit die Lebensplanung. Oberste Aufgabe des Staates sei, sich um das Wohlergehen seiner Bürger zu kümmern. Deshalb stößt hier die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens auf maximales Echo.
  • Die Ehrgeizigen: Grenzen ausreizen. Herausforderung, Verantwortung, Leistung: All das lässt die Augen der elf Prozent Ehrgeizigen glänzen. Sie geben viel und fordern sich selbst (wie auch im Sport) das Äußerste ab. Stress gehört dazu. Und ein angemessenes Gehalt als äußeres Zeichen des Erfolges. Geld ohne Leistung zu bekommen, ist für sie reizlos.
  • Die Selbstverwirklicher: Arbeit stiftet Sinn. Zehn Prozent lieben ihre Arbeit, weil sie sich über deren Gestaltungsmöglichkeiten definieren und selbstverwirklichen. Der Gedanke, wegen eines bedingungslosen Grundeinkommens nicht mehr arbeiten zu „dürfen“, befremdet sie. Sie würden sich augenblicklich ein herausforderndes neues Betätigungsfeld suchen.
  • Die Sozialen: Alles für die Gemeinschaft. Neun Prozent der Befragten arbeiten, um in der Gemeinschaft aufzugehen. Ihre edelsten Werte sind Loyalität und Zusammenhalt. Nicht das Individuum ist der Nabel der Welt, sondern das Wohl der Gesellschaft. Auch diese Gruppe erlebt Leistungsdruck als störend. Sie findet, dass die reale Arbeitswelt ihren Ansprüchen rein gar nicht genügt. Ohne die materielle Notwendigkeit einer Erwerbstätigkeit würde sie sich ausschließlich sozial engagieren.
Lisa Kaiser

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