Vergesst nicht auf die Ziele

Einfach zum Nachdenken. Urlaub ist die Zeit des Krafttankens. Und des Gedanken-schweifen-Lassens, wohin die Lebens- und Karrierereise nun gehen soll. Anregungen für die Hängematte.

Es heißt, ein Ziel sei ein Traum mit Termin. Welche Zeit eignet sich besser zum Zielestecken als die seligen Urlaubswochen?

Und doch: Fragt man Menschen jedes Alters und Geschlechts, welche sie sich vorgenommen haben, folgt Schweigen. Oder ein naheliegendes, vorgegebenes Ziel: die nächste Prüfung, der nächste Meilenstein im Projekt. Kaum Großes, selten Visionäres.

Grund genug, uns heute der Suche nach dem (Lebens-)Ziel zu widmen. Die Suche nach dem Sinn (wozu mache ich das eigentlich?) ist die Suche nach sich selbst. Dieses Selbst ist strikt vom Ego und dessen Zielen zu unterscheiden: Das Ego strebt nach dem Äußeren (mein Haus, mein Auto, mein Pool) und ist von Erziehung, Kultur und Erlebtem bestimmt. Das Selbst liegt darunter, unser innerer Kern, angeboren und intrinsisch.

Wem die konkrete Unterscheidung schwerfällt: Das Selbst korreliert mit den eigenen Werten. Wer sie überprüfen will, der rufe sich Entscheidungen unter Druck und Stress ins Gedächtnis: Genau hier zeigen sich nämlich die echten, unverfälschten Werte. Ziele, die an ihnen festgemacht sind, haben große Kraft.

Rationale und Herzensziele

Bedienungsanleitungen zum Finden rationaler Ziele gibt es genug: Man frage sich, wo man in drei/fünf/zehn Jahren stehen will. Oder, für Ehrgeizige, wie man z. B. seinen Umsatz verdoppelt, statt ihn um fünf Prozent jährlich zu steigern. Das sprengt die üblichen Denkgrenzen und ist für Sachziele wunderbar geeignet.

Doch die wenigsten Herzensziele sind Sachziele. Für Hängemattenträume besser geeignet ist die Feenfrage: Eine gute Fee gewährt einen Wunsch. Welcher ist es? Woran erkenne ich es, wenn er erfüllt ist? Was kann ich selbst dazu beitragen?

Rückwärtsgewandte mögen die Methode des „nullbasierten Denkens“: Mit welchen Entscheidungen meiner Vergangenheit bin ich nicht mehr einverstanden? Was kann ich tun, um mich von ihren negativen Folgen zu befreien?

Es geht auch positiv: Auf welche Leistungen bin ich besonders stolz? Wann kam ich mir so richtig wichtig vor? Im nächsten Schritt gilt es, die Muster dahinter zu erkennen und zu multiplizieren.

Die eine oder andere Träne fließt beim „Letzter Tag“-Ansatz: Wenn dies mein letzter Tag auf Erden wäre, was würde ich unbedingt noch tun? Alternativ: Wenn ich nur mehr ein halbes Jahr zu leben hätte. Oder: Was soll mein Partner/mein bester Freund/mein Vorgesetzter bei meinem Begräbnis über mich sagen?

Die australische Krankenschwester Bonnie Ware fragte Sterbende, was in ihrem Leben sie am meisten bereuten. Die Antworten waren immer gleich: Gelebt zu haben, wie andere es von ihnen erwarteten, zu viel gearbeitet zu haben, mit Freunden nicht in Kontakt geblieben, nicht zu den Gefühlen gestanden zu sein. Und die Erkenntnis, dass „Ich stecke fest“ in Wahrheit nur „Der Preis für Veränderung ist mir zu hoch“ heißt. Da wussten die Sterbenden noch nicht, dass es irgendwann zu spät ist.

(Print-Ausgabe, 05.08.2017)

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