Böse Bewerbungsfragen: "Wie ist Ihr Kreditstatus?"

Vorstellungsgespräche sind schon stressig genug. Wenn Personaler dann unerwartete Fragen stellen, wird es heikel. Hier heißt es cool bleiben und clever antworten.

Wer gut vorbereitet ins Bewerbungsgespräch geht, den kann nichts aus der Ruhe bringen. Falsch gedacht. Personaler werden mit ihren Fragen immer kreativer – und manchmal auch gemeiner. „Wie kommen Sie auf die Idee, für den Job qualifiziert zu sein?“ ist eine Variante oder „Wo endet Ihre Kundenorientierung?“ eine andere. Der Bewerber ist überrumpelt. Er verkrampft sich und beginnt zu stottern.

Dafür gibt es meist gar keinen Grund. Es gebe keine richtige oder falsche Antwort, sagt Johannes Prüller, Head of Communications and Insights bei der Arbeitgeberbewertungsplattform Kununu. „Den Personaler interessiert viel mehr, wie der Kandidat mit der überraschenden Situation umgeht und seine Lösung argumentiert.“

Bei Fragen wie diesen ist lautes Überlegen angesagt: „Stellen Sie sich vor, Sie bauen eine Straße um die Erde, die aus Schokoladentafeln besteht. Wie viele Tafeln benötigen Sie?“ Damit wurden Bewerber bei einem Reifenhersteller konfrontiert. Ein TV-Sender machte es Jobsuchenden etwas einfacher: „Wie viel sehen Sie fern?“, ist eine Frage, die wenigstens das Produkt der Firma betrifft.
Vorsicht ist geboten bei Fragen, die keine sind. Wenn der Bewerber einen langen Anfahrtsweg hat und der Personaler sagt: „Ich verstehe es, falls Sie nicht so weit fahren wollen.“ Hier auf keinen Fall zögern, sondern beherzt „Doch, das will ich“, antworten.

Nicht immer bleiben Personaler auf der professionellen Ebene. So wollte ein Wiener Unternehmen wissen: „Wie stehen Sie zu Ihrer Familie?“ In eine ähnliche Richtung geht: „Planen Sie eine Familie?“ Sollte diese Frage aufkommen, hat man das Recht, die Antwort zu verweigern, sagt Outplacementberater Walter Reisenzein. „Sie ist diskriminierend und verboten.“ Nicht zulässig ist außerdem die Frage nach dem Kreditstatus. Auch hier hat man das Recht zu schweigen. Eine Ausnahme stelle die Finanzdienstleistungs- und Sicherheitsbranche dar, sagt Reisenzein. Dort sei diese Frage berechtigt.

Von Enten und Pferden

Zuweilen wird es richtig skurril. „Würden Sie lieber gegen eine Ente kämpfen, die so groß ist wie ein Pferd, oder gegen hundert Pferde, die so groß sind wie Enten?“, fragte ein Rohstoffkonzern. Bei solchen Analogiefragen wird ein Perspektivwechsel vollzogen: Der Bewerber soll über sich selbst sprechen und etwas über seine Persönlichkeit erzählen, dies aber an Eigenschaften von etwas anderem festmachen. Kreativität und Spontanität sind gefragt.

Das Bemühen, die Frage so gut wie möglich zu beantworten, beweist Durchhaltevermögen. Wichtig bei diesem Beispiel ist, laut zu denken und die Überlegungen transparent zu machen. Denn die Antwort muss nicht perfekt sein – und wer keine Lust auf dieses Spielchen hat, zeigt das mit einer ebenso absurden Antwort. Oder einer Gegenfrage: „Habe ich eine Waffe? Warum will die Ente überhaupt gegen mich kämpfen?“
Kritisch klingende Fragen ebenfalls mit anschaulichen Beispielen zu beantworten, rät Walter Reisenzein. „Sind Sie für den Job nicht überqualifiziert?“ „Nein, das glaube ich nicht. Ich warte auch nicht auf den nächstbesseren Job. Ich stehe zu meinem Wort, schließlich hatte ich mein ganzes Leben auch nur einen Ehepartner.“ Hier kann der Bewerber durch ein Beispiel aus seinem Privatleben etwas Aufschluss über den Charakter geben. Das schaffe Vertrauen, sagt Reisenzein.

Tief in die Motivationslage des Bewerbers lässt eine andere Frage blicken: „Warum macht es Sie glücklich, am Freitagabend zu arbeiten?“ Ein US-Handelsunternehmen stellte sie, um herauszufinden, wie Bewerber zu Überstunden stehen. Bei der Antwort ist es ratsam, in die Unternehmerrolle zu schlüpfen. „Der Freitag ist für mich wie jeder andere Tag. Wenn ich an meinem Job Freude habe, macht mich das Arbeiten glücklich.“

Ab Montag startet die Serie „Böse Bewerbungsfragen“ und kreative Antworten dazu auf karrierenews.diepresse.com

(Print-Ausgabe, 09.09.2017)

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