Die Freuden der Steuerberater

Steuerberater. Er galt immer als der „kleinere“ der beiden Wirtschaftstreuhandberufe. Das wird jetzt anders.

Generationen von WU-Absolventen haben es so gelernt: Erst mussten sie „ihren“ Steuerberater machen, dann konnten sie, nach nochmals drei Jahren Praxis, zum Wirtschaftsprüfer antreten. Logische Folge: Der Steuerberater galt als der „kleinere“ der beiden Abschlüsse.
Das ändert sich mit dem am vergangenen Freitag veröffentlichten Wirtschaftstreuhandberufsgesetz (WTBG). Jetzt stehen einander Steuerberater und Wirtschaftsprüfer gleichrangig gegenüber. Endlich, sagt der Berufsgruppenobmann der Steuerberater, Paul Heissenberger, Geschäftsführer der gleichnamigen Kanzlei.

Naturgemäß schwärmt er von seinem Beruf, der sich der Klientennachfrage kaum erwehren könne. Start-up, Restrukturierung, Nachfolge, betriebswirtschaftliche Beratung: „Wenn jemand eine Geschäftsidee hat, geht er zum Steuerberater. Wenn er ein Problem hat, auch.“ Als „Arzt für die Wirtschaft“ sehe er seinen Berufsstand, für Vorsorge gleichermaßen zuständig wie für die Behandlung von Wehwehchen aller Art.

450 neue Gesetze in 15 Jahren

Natürlich verändere sich der Beruf mit zunehmender Digitalisierung: „Früher war das Hauptthema: Wo bekomme ich die Daten her?“ Heute, in Zeiten von Finanzonline, von Schnittstellen zu Sozialversicherung und Krankenkasse und von Bilanzen aus dem Internet, wäre Datenbeschaffung kein Thema mehr.
Langweilig werde den derzeit 5590 Steuerberatern, 47 Prozent davon Frauen, trotzdem nie. Im Durchschnitt kämen jede zweite Woche neue oder geänderte Gesetze heraus. 450 waren es in den vergangenen 15 Jahren. Das mache die ohnehin anspruchsvolle Arbeit noch herausfordernder.

Ein Beruf für Genaue eben. Und für EDV-Affine, aber das wäre heute in jedem Beruf Voraussetzung. Er, Heissenberger, würde heute einem neuen Mitarbeiter erst einmal ein paar Wochen die Abläufe in seiner Kanzlei zeigen. Damit er wisse, wo im digitalen Archiv er was ablegen müsse, um es später wiederzufinden. Danach würde er ihn mit der Software vertraut machen, ein paar Monate in der Buchhaltung arbeiten lassen: „Da er später die Buchhalter kontrollieren muss, wenn er für die Klienten Bilanzen erstellt. Oder Steuererklärungen.“

Die Arbeit geht nie aus

239 neue Steuerberater sind 2016 angelobt worden. Sie können sicher sein, dass ihnen die Arbeit nie ausgehen wird. Das neue WTBG verleiht ihnen zusätzliche Befugnisse. Nun dürfen Steuerberater einfache, standardisierte Dienstverträge erstellen („eine Peinlichkeit, das früher immer ablehnen zu müssen“). Sie haben jetzt das Recht, ihre Klienten bei der Finanzpolizei zu vertreten. Ebenso eingeschränkt bei Firmenbuchgerichten, wo sie bisher nur als Boten auftreten durften. Zudem in Sozialversicherungsangelegenheiten vor dem Verwaltungsgerichtshof. Und in Verwaltungsstrafverfahren, wenn der Klient arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Pflichten vernachlässigte. Der Beruf wird aufgewertet, freut sich Heissenberger – und das werde künftig noch mehr Interessenten anziehen als bisher.

Was verändert sich im Berufsfeld der Wirtschaftsprüfer? Das erfahren Sie hier.

(Print-Ausgabe, 23.09.2017)

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