Porträt: Was nach dem CFO kommt

In seinem letzten Job hatte Edgar Rainer die Verantwortung für
140 Mitarbeiter. Jetzt beginnt er wieder bei Null. Und brennt darauf.

Der gebürtige Linzer Edgar Rainer (47) ist ein Mann der Zahlen. Wenigstens denkt man das, wenn man sich seinen Lebenslauf ansieht. Zuletzt war er Chief Financial Officer einer Tochtergesellschaft des Löschfahrzeugherstellers Rosenbauer, finanziell verantwortlich für ein neu zu bauendes Werk in Saudiarabien.

140 Mitarbeiter hatte er dort unter seinen Fittichen. Langweilig war es keine Minute: „Saudiarabien war eine extreme Herausforderung. Auch wegen des konträren Gesellschaftsmodells. Und ganz anderer Regeln. Entscheidungen und Umsetzungen hatten ein anderes Tempo.“ Für den Schnelldenker und Ärmelhochkrempler war das erst einmal gewöhnungsbedürftig.

Drei Jahre später war das Projekt erledigt. Sollte er erneut eine Finanzposition anstreben? Wie alle Stationen seines Bilderbuchlebenslaufs davor? Nach dem WU-Magister (Finance & Technologie) startete Rainer beim „Big Four“-Wirtschaftstreuhänder KPMG im Audit. Über das Controlling mehrerer Automotive- und Maschinenbauer arbeitete er sich zügig zum Finanzchef hoch. Im Schnitt alle fünf Jahre eine neue Position, jede höher als die vorangehende. Sein Highlight: Beim Automotive-Produzenten TCG war er im Zuge des Turnarounds für die Neuausrichtung der Abteilung Finanzen, Controlling und Kalkulation verantwortlich.

Tolle Unternehmen, tolle CFO-Jahre. Sogar das Abenteuer Ausland hat der dreifache Vater abgehakt. Was jetzt?

Neues Ufer, neues Leben

Jetzt ist er neuer Director Business Strategy beim Rieder Flugzeugkomponentenhersteller FACC. Der war 2016 nach einem 50 Millionen Euro teuren Cyberbetrug in heftige Turbulenzen geraten. Kriminelle hatten unter Vorspiegelung einer falschen Identität die Finanzbuchhaltung zu Überweisungen auf slowakische und asiatische Konten veranlasst. Das Manöver beschäftigt unter der Bezeichnung Fake President Fraud die internationalen Kriminalämter. FACC hatte in der Folge eine Kapitalaufstockung nötig. Vorstandsvorsitzender und Finanzvorständin mussten gehen, der Finanzbereich wurde neu aufgesetzt.

Rainers Position gab es bisher nicht. Er soll nun „operative Geschäftsmodelle im In- und Ausland aufbereiten und Strategiemodelle finanzwirtschaftlich evaluieren“, heißt es vonseiten des Unternehmens.
Natürlich ginge es wieder um Zahlen, sagt er, aber nicht nur. Als CFO arbeitete er zahlen- und faktengetrieben. Diesen Radius vergrößere er jetzt, treibe die strategische Ausrichtung voran und greife noch wesentlich stärker in die Unternehmensentwicklung ein. Man hört ihm an, das gefällt ihm. Fachlich, aber auch als persönliche Weiterentwicklung.

Der Markt bricht um

Und schon ist der neue Stratege mitten in einer Analyse der Luftfahrtindustrie. Im Commercial-Sektor, beschreibt er, dominierten im Wesentlichen der europäische Hersteller Airbus und sein US-amerikanischer Konkurrent Boeing. Nun sende die chinesische Comac starke Lebenszeichen, die China mittelfristig mit eigenen Flugzeugbaureihen versorgen will. Also straffen die bisherigen Platzhirsche ihre Supply Chain und laden ihre Lieferanten ein, statt Einzelteilen komplette Ausstattungen in ihre Assemblierungsstraßen zu liefern.

FACC etwa steuerte bislang zu den Passagierkabinen Paneele, Seitenwände und Gepäckfächer bei. In Zukunft wird das Unternehmen noch größere Teile der Innenausstattung beitragen, etwa Bordküche, fertige Sitzreihen und Entertainment. Nicht alles werde von FACC selbst gefertigt, sagt Rainer, sondern in Kooperation mit Partnern aus dem Konzern.

Für FACC, inzwischen mehrheitlich im Besitz der chinesischen AVIC-Gruppe, wird Rainer nun die Kompetenzen bündeln, Joint Ventures prüfen, „Make or buy“-Entscheidungen treffen und vieles mehr. Langweilig wird ihm dabei nicht. Und das ist es, was für ihn nach dem CFO kommt.

(Print-Ausgabe, 30.09.2017)

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