SozialMarie: Denken in neuen Kategorien

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Soziale Innovation ist auch in der Arbeitswelt gefragt. Warum nicht nur Zeiten wie diese solche Preise brauchen.

Die sogenannte neue Armut greift immer mehr um sich. Dafür verantwortlich sind die falsche Ausbildung, das falsche Lebensalter, die falsche Nationalität oder mitunter sogar die falsche Region. Wenn eine nicht gerade krisenverschonte Stadtgemeinde wie Kapfenberg erkennt, dass „die Kette nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied“ und hier nach Gegenstrategien sucht, verdient dies wohl Anerkennung. Bürgermeisterin Brigitte Schwarz hat jedenfalls nicht „weggeschaut“, sondern mit dem Projekt „Zukunft für alle“ das Thema „Neue Armut“ aufgegriffen und zugleich enttabuisiert. Sie wurde dafür mit dem zweiten Preis der SozialMarie 2009 ausgezeichnet, der mit 10.000 Euro dotiert ist.

Armut und Arbeitsmarktpolitik

Ein bedeutender Meilenstein war dabei die Einführung der AktivCard, mit der Bedürftige von Kapfenberg zahlreiche Angebote ermäßigt nutzen können. So wurde 2008 auch ein normaler Lebensmittelmarkt eröffnet, in dem mit einer Chipkarte Waren bis zu 60 Prozent günstiger erworben werden können – ganz  ohne Stigmatisierung, denn sie unterscheidet sich nicht von der Kundenkarte, die auch Personen mit höherem Einkommen benutzen (Punktesammelsystem). Damit verbunden ist ein arbeitsmarktpolitisches Projekt des Trägervereins Pro mente: Er bietet Menschen Qualifizierungsmaßnahmen an, die aus dem Arbeitsmarkt hinausgefallen sind.

Ende der Ausgrenzung

Burn-out, Mobbing, Arbeitslosigkeit. In Zeiten wie diesen gibt es auch in der Arbeitswelt immer mehr Menschen, die ausgegrenzt werden oder mit dem wachsenden Druck nicht mehr zurechtkommen. „Überall, wo Menschen zusammenleben, gibt es jene, die am Rande stehen. Wir sollten uns gemeinsam überlegen, wie wir diese wieder ins Zentrum bringen können, wie wir uns vernetzen können, damit es uns allen besser geht“, sagt Wanda Moser–Heindl, Initiatorin der SozialMarie, ein des Preises der Unruhe Privatstiftung, der 2010 bereits zum sechsten Mal zukunftsweisende soziale Innovationen aus der Wirtschaft, der Verwaltung und dem NGO-Bereich küren will. Mit der Krise möchte Moser-Heindl die Auszeichnung aber nicht verknüpft sehen: „In der Wirtschaft sollte es immer eine Frage sein, wie mit Mitarbeitern umgegangen wird – etwa wie man ihre Gesundheit, Weiterbildung und Integration fördern kann. Soziale Innovation geht uns alle an.“ Sie erhofft sich für das kommende Jahr jedenfalls noch mehr Einreichungen aus dem Unternehmensbereich. Der Startschuss für die SozialMarie 2010 fiel am 1. Dezember, bis 15. Februar dauert die Einreichfrist (weitere Informationen auf www.sozialmarie.org).

Neuer Ehrenvorsitz

Den Ehrenschutz in Österreich übernahm Johanna Rachinger, Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek, gemeinsam mit ihrem Mann Fritz Panzer, Geschäftsführer Carl ­Ueberreuter Verlag. Für Ungarn – das Einreichgebiet wurde erstmals auf das ganze Land ausgeweitet – übernahm der ungarische Schriftsteller Miklós Vamós den Vorsitz.
Johanna Rachinger über ihre Motive, die SozialMarie 2010 zu unterstützen: „Innovation und Kreativität dürfen nicht nur als Parameter für wirtschaftlichen Fortschritt gelten, auch im Sozialbereich ist das Denken in neuen Kategorien essenziell.“

Mit Preis Anerkennung zollen

Rachinger ist es ein Anliegen, mit dem Ehrenschutz Menschen, die „sich aus altruistischen Motiven sozial engagieren oder Berufe im Sozialbereich ergreifen“, Anerkennung zu zollen, denn: „Wir beschäftigen uns nur ungern mit der Tatsache, dass in unserer unmittelbaren Nachbarschaft Menschen in prekären finanziellen und sozialen Umständen leben. Wir sehen Bilder im Fernsehen und denken an weit entfernte Länder, nicht an Armut und Leid vor unserer Haustüre. Doch niemand ist davor gefeit, einmal Teil einer sogenannten Randgruppe, krank, pflegebedürftig oder arm zu werden."

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2009)

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