Neue Ideen fallen aus der Wolke

Das BFI hat einen internationalen Ideenwettbewerb zum Thema Weiterbildung und Digitalisierung durchgeführt. Die Beiträge dürften auch für andere Bildungsanbieter interessant sein.

Die Digitalisierung ist auch in der Erwachsenenbildung ein großes Thema. Schon im Mai hat das BFI Wien seine diesbezüglichen Kurse in einem virtuellen Digi-Campus zusammengefasst. Gleichzeitig will man das Angebot aber auch weiter ausbauen – sowohl inhaltlich als auch bezüglich neuer Formen der Vermittlung, wie Geschäftsführerin Valerie Höllinger erklärt. „Die Bildungsanbieter müssen Innovation Leader werden“, sagt Höllinger.

Um sich dafür Inspirationen zu holen, ging man am Bfi neue Wege und setzte – ganz im Geiste der digitalisierten Welt – auf die Intelligenz der Crowd. Mit Unterstützung der Innovationsschmiede Hyve wurde ein internationaler Ideenwettbewerb gestartet. Dabei sollten drei Fragen zu möglichen neuen Inhalten sowie passenden Formaten beantwortet werden. Die Teilnehmer wurden von Hyve über Blogger, Foren und Newsletter in einschlägigen Communitys angesprochen. „Zielgruppe waren jüngere Berufstätige, die sich weiterentwickeln wollen oder sonst ein Interesse an Weiterbildung haben“, berichtet Giordano Koch, Managing Director Hyve Innovation Community. Insgesamt wurden 105 Anregungen eingereicht. Die mit insgesamt 6000 Euro dotierten, von einer Expertenjury ausgewählten Siegerprojekte:

  • Technologietrends für Firmen.Die Siegeridee: Eigene Seminarreihen zu aktuellen Trends wie Blockchain, künstliche Intelligenz, Internet of Things etc., bei denen Unternehmen Jahrespackages buchen können. Hier geht es laut Höllinger auch um die Vernetzung der Teilnehmer. Der Lehrgang soll so die Entwicklung im jeweiligen Fachgebiet befruchten.
  • Kurse „Tindern“.Die umfangreiche Kursauswahl großer Anbieter überfordert oft. Nach dem Vorbild der bekannten Partnersuch-App sollen Interessenten auch hier durch Wischen rasch für sie relevante Kurse auswählen. Ein lernender Algorithmus im Hintergrund passt das angezeigte Angebot an. Umgekehrt sieht der Bildungsanbieter rascher, welche Kurse von der Zielgruppe angenommen werden. „In einem ersten Schritt wollen wir ein solches Tool für HR-Abteilungen anbieten, später soll es auch für Private verfügbar sein“, skizziert Höllinger die Umsetzung am BFI.
  • Smart Home für Handwerker.Home Automation ist nicht erst seit Amazons Alexa im Kommen. Allerdings fehlen für das Thema, das IT mit Haustechnik verbindet, Experten. Der Kurs soll traditionellen Handwerkern wie Installateuren oder Elektrikern die Möglichkeit geben, ihre Kenntnisse upzugraden und für ein Wachstumssegment fit zu werden.
  • Social Entrepreneurship. Viele (angehende) Jungunternehmer wollen Lösungen zu sozialen und ökonomischen Problemstellungen rund um das Thema Nachhaltigkeit bieten. Für sie soll es einen eigenen Kurs „Nachhaltiges Unternehmertum“ geben. Neben betriebswirtschaftlichen Inhalten wie Buchhaltung oder Marketing wird spezifisches Know-how rund um das Thema Nachhaltigkeit vermittelt. Als zusätzlichen Anreiz können die Teilnehmer ihre Ideen im Rahmen einer Abschlussveranstaltung bei Investoren pitchen.

Kreativ lernen mit Lego und Virtual Reality

Was die Ideen für Kurse angeht, so werden die Sieger sicher umgesetzt, allerdings will man sich am BFI Zeit geben, nicht nur um die Curricula auszuarbeiten, sondern auch, um passende Vortragende zu finden, wie Höllinger erklärt. Auch einige der anderen Anregungen will man aufgreifen, die ersten sind schon in der Umsetzung:

  • VR-Präsentationstraining. Wer lernen will, vor wirklich großen Gruppen zu sprechen, kann das nur bedingt üben. Hier hilft Virtual Reality: Über eine VR-Brille können verschiedenste Szenarien bis hin zum vollen Stadion simuliert werden. Der Einsatz von VR wird demnächst Präsentationstraining noch lebensechter machen.
  • Lego Serious Play. So manches Training soll Kreativität fördern und Strukturen sichtbar machen. Ein ideales Werkzeug dafür kennt jeder aus der Kindheit: Lego. Die bunten Steine sollen auch Erwachsenen helfen, Strukturen und Prozesse nachzustellen und spielerisch Veränderungen zu bearbeiten.
  • Eye-Tracking für Usability. Um den Teilnehmern von Kursen zum Thema User Interface zu zeigen, was wichtig ist, sollen ihre Augenbewegungen bei der Nutzung mit Eye-Tracking-Kameras aufgezeichnet und danach analysiert werden.

Insgesamt zeigt sich die BFI-Wien-Leiterin mit dem Ergebnis des Bewerbs sehr zufrieden. Auffällig war für sie aber, dass relativ wenige Einreichungen die Art der Vermittlung zum Thema hatten. Auch für Koch war der Output „beachtlich“. Zudem hebt er hervor, dass Methoden der Open Innovation, die in Unternehmen eingesetzt werden, in den Bildungsbereich transformiert wurden. Laut dem Innovationsexperten ist vor allem die Kombination mehrerer Inputs interessant. Die Möglichkeit, dass andere Bildungsinstitute die Ideen einfach kopieren, sieht Höllinger gelassen. Sie wünscht sich sogar einschlägige Kooperation zwischen den Mitbewerbern. Diesbezügliche Gespräche gäbe es bereits, Details seien aber noch nicht spruchreif.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2017)

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