„Nur die Umsetzung deiner Idee zählt“

Porträt. Talente sind immer gefragt und Jobsuche ist ein Dauerthema, sagte sich Jan Pichler. Vor drei Jahren gründete er das HR-Start-up myVeeta und vor wenigen Tagen den HR-Tech-Hub Vienna.

An (Geschäfts-)Ideen mangelte es Jan Pichler (38) nicht. Er hatte sogar einen eigenen Katalog erstellt, in dem er seine Vorschläge zusammentrug. Penibel feilte er an ihnen, präsentierte sie seinen Freunden, um schließlich festzustellen: Das ist es, das mache ich.

Seine Wahl fiel auf eine Idee, im HR-Bereich eine Bewerbungsplattform zu erstellen, die Arbeitssuchende aller Branchen unterstützt, ihre Lebensläufe zu erstellen, zu verwalten und sich zu bewerben. Und die gleichzeitig Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, ihr eigenes Talentenetzwerk zu betreiben. „Wir wollen einen Kanal zwischen Unternehmern und Bewerbern schaffen“, sagt Pichler. 2014 begann er mit Sascha Mundstein an der Umsetzung namens myVeeta zu arbeiten, 2016 ging die Vollversion online.

„70 Prozent suchen latent bzw. passiv nach neuen Jobs“, sagt Pichler, das sei eine enorme Gruppe. Umgekehrt seien Unternehmen teils händeringend auf der Suche nach Talenten. Das zeige sich derzeit beispielsweise im IT-Bereich. Da sei es teilweise sogar schwierig, Praktikanten zu finden, sagt Pichler. Kein Wunder, dass viele Unternehmen die praktische Entwicklungstätigkeit an ausländische Anbieter outsourcen. Auch er arbeite mit Entwicklern zusammen, die nicht in Wien sitzen.

Neue Tools könnten die fehlenden IT-Fachkräfte zwar auch nicht aus dem Hut zaubern, mit ihrer Hilfe aber sollte es gelingen, sie besser anzusprechen.

Mit einem HR-Start-up ist Pichler in Wien in guter Gesellschaft. Wien genieße mittlerweile auch einen entsprechenden Ruf. „Es tut sich etwas“, sagt Pichler. Endlich. Denn 15 Jahre habe die HR geschlafen, jetzt werde diese Lücke gefüllt. Um Wien als zentralen HR-Tech-Hotspot zu stärken, gründete myVeeta vor wenigen Tagen gemeinsam mit Firstbird, Gustav, Hokify, Prescreen und Watchado den HR-Tech-Hub Vienna (hrtechhub.org).

Motivation und Hausverstand

Pichler selbst hatte 2005 schon mit der Datentransferplattform eLivery Start-up-Erfahrung gesammelt, ehe er 2007 das Angebot des Pharmakonzerns Pfizer annahm, das Onlinemarketing aufzubauen. Die Einheit, die zunächst für Zentral- und Mitteleuropa (CEE) und später auch für Europa, den Nahen Osten und Afrika (EMEA) gedacht war, wuchs innerhalb kürzester Zeit von drei auf rund 70 Mitarbeiter. Pichler leitete sie, lernte dort seinen nunmehrigen Ko-Geschäftsführer, Sascha Mundstein, kennen und musste die Abteilung 2014 auch wieder zurückbauen. Eine lehrreiche Zeit sei das gewesen, sagt er. In der er auch lernte, worauf es bei der Führung und der Personalauswahl ankomme. Er schaue bei seinen Mitarbeitern – bei myVeeta sind es derzeit acht – darauf, ob sie motiviert sind und smart. Was so viel heißt wie: ob sie vor Ideen sprühen, Eigenverantwortung und Problemlösungskompetenz mitbringen.

Was ihn begeistert, sind offene Menschen, die bereit sind, sich auf neue Situationen einzulassen. Sie seien es auch, die die fluiden Strukturen, wie er sie im Unternehmen etabliert hat, mit Leben erfüllen. Und nicht die „Selbermacher“, die sich nur dann zurechtfänden, wenn alles nach ihrer Façon passiert.

Verantwortung übertragen

„Gib den Mitarbeitern so viel Verantwortung, wie sie gerade noch tragen können“, ist eines seiner Credos. „Rege sie an, weiterzudenken und Dinge zu hinterfragen“, ein anderes. Um Mitarbeiter, wenn sie neu ins Unternehmen kommen, nicht heillos zu überfordern, legt er zunächst ein engmaschiges Netz mit täglichen Kurzmeetings, um sich gegenseitig auf dem Laufenden zu halten, zur Unterstützung und auch zur Absicherung. Mit der Zeit werde dieses Netz immer lockerer, neue Mitarbeiter könnten so schnell eigene Erfolge einfahren, und das motiviere.

Denn letztlich, sagt Pichler, zähle nicht die Idee allein, sondern „nur die Umsetzung deiner Idee“.

Zur Person

Jan Pichler (38) gründete 2014 gemeinsam mit Sascha Mundstein das Unternehmen Talent Solutions und brachte 2016 die Vollversion von myVeeta auf den Markt. Das Tool unterstützt Unternehmen dabei, ihr eigenes Talentenetzwerk zu organisieren.Bevor sich Pichler selbstständig machte, hatte der studierte Wirtschaftsinformatiker (TU Wien) für den Pharmakonzern Pfizer die Onlinemarketing-Einheit für CEE und EMEA in Wien aufgebaut.

(Print-Ausgabe, 14.10.2017)

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