Wünsche und Bedürfnisse

Kolumne "Karrierewege". Karriereleiter erklommen, Ziele erreicht, aber trotzdem nicht glücklich? Nicht immer ist das, was man sich wünscht auch das, was man braucht.

Unlängst war ich im Gespräch mit einem jungen Manager Anfang 30, der in seinem Berufsleben schon sehr viel erreicht hatte: Er war Geschäftsführer eines renommierten Unternehmens mit ein paar Hundert Mitarbeitern, verdiente einen sechsstelligen Betrag und fuhr ein tolles Dienstauto.

Trotz seiner unbestrittenen Erfolge fragte er sich, warum er dennoch nicht zufrieden sei. „Ich habe doch alles, was ich mir wünsche“, meinte er. „Ich habe all meine beruflichen Ziele bereits in jungen Jahren erreicht und könnte nun entspannt und gelassen noch viele Jahrzehnte in dieser Form weiterarbeiten. Dennoch habe ich nicht das Gefühl, dass es mir gut geht.“

Bei unserem Gespräch stellte sich heraus, dass er zwar alles hatte, was er sich wünschte. Er wurde jedoch nachdenklich, als ich ihm die Frage stellte: „Haben Sie auch alles, was Sie brauchen, um glücklich zu sein?“

Viele Menschen machen einen entscheidenden Fehler, indem sie Wünsche und Bedürfnisse miteinander vermischen. Es gibt eine einfache Übung, diese beiden Begriffe voneinander richtig zu unterscheiden: Machen Sie eine Liste mit zwei Spalten. Über die erste Spalte schreiben Sie: „Um 100 Prozent im Job glücklich zu sein, brauche ich…“ und über die zweite Spalte schreiben Sie: „Um 100 Prozent im Job glücklich zu sein, wünsche ich mir…“

Die erste Spalte drückt Ihre Bedürfnisse aus, die zweite Spalte Ihre Wünsche. Und hier ist der entscheidende Punkt: Bedürfnisse müssen zu jeder Zeit zu 100 Prozent erfüllt sein. Wünsche können erfüllt sein, müssen es aber nicht. Anders ausgedrückt: Bei Wünschen können Sie Kompromisse eingehen, bei Bedürfnissen dürfen Sie es unter keinen Umständen tun.

Suchen Sie etwa eine neue private Partnerin, könnte Ihre Liste so aussehen: Ich brauche eine Frau, die mich liebt, die mir treu und loyal ist. Und ich wünsche mir eine Frau, die gut aussieht, gut kochen kann und einen guten Job hat. Sollte Ihre neue Partnerin nicht kochen können, stellen Sie sich einfach selbst öfter in die Küche, oder Sie gehen häufiger in Restaurants essen. Aber eine Beziehung macht keinen Sinn, wenn Sie die Frau nicht liebt.

Wenn erfüllte Wünsche wertlos sind

Manche Menschen versuchen, ein nicht befriedigtes Bedürfnis durch einen erfüllten Wunsch auszugleichen. Doch das ist unmöglich. Nehmen Sie zum Beispiel eine junge Mutter, die ihr Kind pünktlich um 16 Uhr vom Kindergarten abholen muss. Selbst ein höheres Gehalt, das sie sich ja wünscht, bringt ihr nichts, wenn sie im Gegenzug ihr Kind nicht rechtzeitig abholen kann, weil sie Überstunden machen muss.

Es ist daher von höchster Bedeutung, dass Sie sich nicht nur mit ihren Wünschen beschäftigen, sondern auch mit ihren Bedürfnissen. Der junge Manager etwa erkannte, dass er das Bedürfnis hatte, in seinem Job in gewissem Rahmen frei zu gestalten und zu entscheiden, was aufgrund der zahlreichen Restriktionen des Headquarters nicht möglich war.

Wünschen Sie sich weiterhin, was Sie wollen. Und fragen Sie sich gleichzeitig, welche Bedürfnisse erfüllt sein müssen, damit Sie in Ihrem Beruf vollständig glücklich sind. Erfüllte Wünsche sind etwas Wunderbares, doch sie sind wertlos, wenn Sie nicht gleichzeitig alles haben, was Sie brauchen.

Conrad Pramböck ist Berater und Speaker zu Gehalts- und Karrierethemen. Seine gesammelten Kolumnen finden Sie hier und im Buch "Karrierewege". Der Reinerlös des Buchverkaufs kommt Pramböcks Sozialprojekt "Ein Kinderlachen verdienen" zugute.

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