Sprechblase Nr. 215. Warum „brav“ kein Lob für gute Leistung ist.
Eigenlob stinkt, heißt es (ziemlich anachronistisch in Zeiten, in denen die Vermarktung eigener Leistung zum guten Ton gehört). Mitunter stinkt aber auch fremdes Lob. Dann, wenn ihm jede Spur von Anerkennung fehlt. Zum Beispiel, wenn es heißt: „Du hast die Sache brav gemacht.“ Da hätte der Pseudolobende gleich sagen können: „Fad war's, ohne Verve, keine Spur angriffslustig.“ Vernichtender ist nur noch ein „Das war bemüht“.
Wer brav ist, bekommt in den kommenden Tagen zwar Besuch vom Nikolaus statt vom Krampus, doch wo Letzterer auftaucht, ist halt auch mehr los. Brav klingt zwar beinahe wie bravo, doch dem brav fehlt nicht nur das O, sondern auch ein Oh, das die Begeisterung auszudrücken vermag.
Wer das Wort brav unbedingt verwenden möchte, dem sei diese Verabschiedungsformel empfohlen: „Brav sein – oder vorsichtig!“
In den Sprechblasen spürt Michael Köttritsch, Leiter des Ressorts "Management & Karriere" in der "Presse", wöchentlich Worthülsen und Phrasen des Managersprechs auf und nach.
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(Print-Ausgabe, 02.12.2017)