„Superwoman will ich nicht sein“

Selbstmanagement. Druck entsteht nicht nur durch steigende Anforderungen, sondern vor allem im eigenen Kopf. Autorin Sabine Dietrich rät zu mehr Wollen als Müssen und mitunter auch dazu, Nein zu sagen.

Es wäre überzogen, zu behaupten, dass Sabine Dietrich nie unter Druck gerät. Aber der Kunde, der kurz vor Feierabend noch eine Anforderung zuruft, das Meeting, das viel länger dauert, als es sollte, die Familie, die ihre Anwesenheit bei der Nikolofeier erwartet, das kann sie heute so schnell nicht mehr aus der Ruhe bringen. Die Unternehmensberaterin hat vieles aus der Persönlichkeitsentwicklung und Selbstorganisation sowie zahlreiche Projektmanagement- und Führungsinstrumente zusammengetragen und „Das Anti-Druck-Buch“ geschrieben.

Sei stark! Sei perfekt!

„Man muss es nicht von der ersten bis zur letzten Seite lesen“, sagt Dietrich. Bereits Übungen aus einem Kapitel in der Praxis auszuprobieren entlaste enorm, davon ist sie überzeugt. Beginnt man trotzdem von vorn, darf man zunächst an sich selbst arbeiten. Denn Druck entstehe nicht nur durch steigende Anforderungen, sondern vor allem im eigenen Kopf. Der Gedanke, „alle Bälle gleichzeitig in der Luft halten zu müssen“, alle Erwartungen aus Job und Privatleben erfüllen zu müssen, sei Ursache vielen Übels. „Der Druck, der mit dem ,Muss‘ einhergeht, macht alle Aufgaben extrem anstrengend“, sagt Dietrich. In den meisten Situationen stecke kein äußerer Zwang, sondern ein innerer Antreiber: Sei stark! Sei perfekt! Sei gefällig! Los wird man diese Antreiber schwer. Kennt man sie, ist es wesentlich leichter, das Müssen in ein Wollen umzuwandeln.

Ob man will oder nicht, viele Aufgaben gehören erledigt. Am besten sofort. Für die chronische Zeitknappheit, die viele Führungskräfte plagt, hat Dietrich verschiedene Grundsätze. „Multitasking hilft überhaupt nicht“ ist einer davon. Oder nicht in die Aktionismusfalle zu tappen, indem Projekte überstürzt angegangen werden.

Auch wenn man die eigenen Ziele vor Augen hat und die Arbeit motiviert angeht, landet trotzdem – eher früher als später – der unvorhergesehene Auftrag auf dem Tisch, der bis morgen bearbeitet werden soll. Solche „Querschläger“, wie Dietrich sie nennt, sind unberechenbar und kommen immer wieder. Um nicht in dem zusätzlichen Druck unterzugehen, gibt es ein simples Wort, das so gar nicht einfach zu sagen ist: „Nein“. Ein ganzes Kapitel lang erklärt Dietrich, wie Neinsagen „charmant, aber klar“ funktioniert.

Und jetzt zu „den anderen“

Lernen, mit „den anderen“ umzugehen, ist für Dietrich genauso wichtig, wie an sich selbst zu arbeiten. „Man baut sich ein Bild von Erwartungen und meint, dem entsprechen zu müssen.“ Ganz häufig sind die Erwartungen von Chef, Mitarbeitern, Familie oder Freunden ganz andere als die eigenen. Erster Schritt ist also: Erwartungen abklären. Der nächste: Kommunizieren, sodass man verstanden wird. Etwa zu sagen, wie sehr man ausgelastet ist. Nur mit Transparenz und einer klaren roten Linie lässt sich verhindern, dass Neues aufgebrummt wird. Denn seine Meinung zu sagen oder Hilfe anzunehmen, das alles ist erlaubt. „Alles außer jammern“, meint Dietrich. Schließlich wurde der Job frei gewählt. Den Druck, den er manchmal mit sich bringe, verschwinde nur, wenn man ihm aktiv begegne.

„Das sind alles keine Zaubertränke, die ich einflöße“, sagt Dietrich über ihr Buch. Es sei eine praktische Hilfestellung mit Tipps und Tricks, sich nach und nach zu entlasten. Denn den Druck von heute auf morgen abzustellen, das sei so unmöglich, wie Superkräfte zu haben. „Superwoman bin ich nicht und will ich auch nicht sein. Sondern ein realer Mensch.“

Sabine Dietrich
Das Anti-Druck-Buch
Wiley-VCH
251 Seiten
16,99 Euro

(Print-Ausgabe, 02.12.2017)

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