„Netzwerke sind per se nicht effizient“

Zusammenarbeit. Unternehmen und Hochschulen wollen viel voneinander. Doch hinter funktionierenden Netzwerken steckt viel mehr Arbeit, als es auf den ersten Blick scheint.

Es ist wie bei einer Romanze: Zwei Partner, die das Gefühl haben, füreinander bestimmt zu sein. Wenngleich aus unterschiedlichen Motiven. Der eine Partner, weil er die Studierenden als zukünftige Mitarbeiter anwerben will. Er steht für die Unternehmen. Der andere Partner, weil er seine (technologischen) Entwicklungen für marktreif hält bzw. an Forschungsgelder kommen möchte. Er steht für die Hochschulen.

Was auf den ersten Blick nach einer sogenannten Win-win-Situation aussieht, wenn sich beide Partner zu einem Netzwerk zusammentun, ist auf den zweiten Blick meist doch deutlich komplizierter und anspruchsvoller, was diese Woche bei Wissen.Vorsprung, der Diskussionsreihe der FH St. Pölten, thematisiert wurde.

In der Diskussion waren sich Irene Fialka (Inits – Innovation into Business), Kerstin Koren (Amt der NÖ Landesregierung), Isabella Meran-Waldstein (Industriellenvereinigung), Helmut Kammerzelt (FH St. Pölten) und Thorsten Kliewe (FH Münster) mit Barbara Streicher (Science-Center-Netzwerk) einig: „Netzwerke sind per se nicht effizient.“ Denn anders als Projektkooperationen seien sie beeinflussbar, aber nicht steuerbar. Netzwerke seien nur eine Grundlage, gleichsam die Infrastruktur, auf deren Basis mehr entstehen kann – kann, wohlgemerkt.

Mehrere Bedingungen müssen erfüllt sein, damit Netzwerke von Unternehmen und Hochschulen funktionieren können:

  • Geben. Beide Partner müssen es wagen, in das Netzwerk einzutreten, ohne genau zu wissen, was herauskommt. Netzwerken heiße, sich auf etwas Unsicheres einzulassen, zu investieren, mit dem Willen, etwas Gemeinsames entstehen zu lassen.
  • Zuhören. So wie die Unternehmen schnell zu Fachkräften kommen wollen, neigen Hochschulen dazu, Technologie zu entwickeln, sie über den Zaun zu werfen und zu hoffen, dass ein Unternehmen dort mit offenen Händen wartet. Wer langfristige Partnerschaften anstrebe, müsse aber die Bedürfnisse des anderen in den Mittelpunkt zu stellen – ohne dabei auf die Studierenden (um die es ja beiden Partnern geht) zu vergessen. Diese können das Netzwerken übrigens ganz nebenbei etwa im Studentenheim oder in ihrer Wohngemeinschaft lernen, wenn sie mit Studierenden anderer Fachrichtungen zusammenkommen.
  • Offenlegen. Nur wenn die Erwartungen an das Netzwerk und die jeweiligen Motive für die Zusammenarbeit ergründet werden, kann etwas daraus werden. Denn nur zu oft möchte die Wirtschaft – überspitzt formuliert – Ergebnisse schon heute bekommen, die Hochschulen bzw. die Wissenschaftler nehmen sich Zeit und wollen die Ergebnisse zuvor noch publizieren. Unternehmen und Hochschulen denken unterschiedlich und haben daher unterschiedliche Zielsetzungen. Da ist Übersetzungsarbeit gefragt.
  • Vertrauen. Wer strategisch netzwerkt, braucht gegenseitiges Vertrauen. Das lässt sich nur in Stufen erarbeiten. Was mit der Diplomarbeit eines Studierenden bei einem Unternehmen beginnt, lässt sich mit der Zeit und weiteren Projekten vertiefen. Aber – siehe oben – Netzwerken braucht viel Zeit.
  • Managen. Ohne Management geht es nicht. Netzwerkmanagement muss man demnach als Profession sehen. Darüber hinaus muss man Mitarbeiter spezifisch schulen und als Ansprechpersonen definieren. Doch muss man bei allem Management eines berücksichtigen: Netzwerke haben zum Teil sehr kurze Lebenszeiten. Nur ein bis zwei von zehn überleben mittelfristig. Keine Sorge, sagen die Experten: In dynamischen Zeiten sei das ganz normal.

Netzwerkmanagement war das Thema der jüngsten Veranstaltung der Diskussionsreihe Wissen.Vorsprung, die die FH St. Pölten in Kooperation mit der „Presse“ veranstaltet.

(Print-Ausgabe, 02.12.2017)

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