Wir gründen eine eigene Akademie

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Interne Ausbildung. Bei Novomatic ist sie nagelneu, Porr hat sie schon länger, und bei Hartlauer ist sie ein alter Hut: die eigene Akademie für passgenaue Mitarbeiterausbildung. Für eine solche gibt es gute Gründe.

Es ist nicht leicht, sich gegen Ego-Shooter und Adventure Games durchzusetzen. Die zu programmieren ist der Traumjob vieler junger Spieleentwickler. Klaus Niedl, Global HR Director bei Novomatic, kann ihn nicht bieten. Bei ihm geht es um Online- und „terrestrische“ Glücksspiele (Letztere auf stationären Geräten). Er braucht auch keine akademischen Master, ihm genügen konkrete, eng definierte Kompetenzen.

Also stampfte Niedl eine Corporate Coding Academy aus dem Boden. Ein kurzes, knackiges Bootcamp, das Talente in einem halben Jahr einsatzbereit macht. Da lernen sie die Programmiersprache C++, die Grundlagen von Slotmaschinen und die Teamskills für eine fruchtbare Zusammenarbeit mit Mathematikern, Grafikern, Soundingenieuren und Testern.

Weil es eine Zitterpartie war, ob sich – ausgerechnet im Juli – genügend Interessenten für den Pilotkurs finden würden, verpasste Niedl der Bewerbung einen spielerischen Zugang: ein Online-Racing-Game, dem ein Psychotest hinterlegt war. Das Zittern hätte er sich sparen können: 100 Bewerber waren das Ziel, gekommen sind 130. Das Assessment Center der besten 15 fand am Mittwoch statt.

Biete mehr als die anderen

Firmenakademien sind im Trend. Am Dienstag legte Porr-CEO Karl-Heinz Strauss den Grundstein für seinen Ausbildungscampus. Eine Akademie mit 100 externen und unzähligen freiwilligen internen Trainern betreibt er schon lang. Nun nimmt er fünf Millionen Euro für den Campusbau in die Hand. Warum? Weil Tools und Systeme immer schnelllebiger werden, sagt Strauss. Und weil in den Berufsschulen viel Gutes, aber nicht umfassend das gelehrt werde, was die Kollegen später beherrschen müssten. Da ginge es um simple Themen wie das Telefonieren auf der Baustelle über Skype (auch das muss gelernt sein), um komplexe wie digitale Planung und Kalkulation oder um zeitgemäßes Projektmanagement mit Scrum und Design Thinking.

Novomatic und Porr stehen für die vielen Unternehmen, die gerade mit einer internen Akademie liebäugeln. Sie haben einiges gemeinsam. Das Aus- und Fortbildungswesen liefert ihnen nicht vollumfänglich, was sie brauchen. Wer es sich leisten kann, nimmt die Ausbildung selbst in die Hand, entweder allein wie Novomatic und Porr oder im Qualifizierungsverbund mit anderen (siehe dazu auch Artikel oben).

Das zweite Motiv für eine eigene Akademie heißt Employer Branding. Lang las man nur vom demografischen Knick, jetzt ist er da. Und er tut weh. Also will man die raren jungen Leute ködern, bevor es die Konkurrenz tut. Eine verlockend gute Ausbildung mit in- und externen Karrierechancen ist ein bestechend gutes Argument. Vor allem, wenn sie international anerkannt ist und einem späteren Studium angerechnet werden kann: Niedl arbeitet bereits daran, seinen ersten Kurs mit ECTS-Punkten zu hinterlegen.

Noch etwas ist allen gemeinsam. Sie beginnen klein und skalieren dann. Niedl wird seine Akademie in die Konzernländer exportieren – alles längst geplant, denn nach dem ersten, noch physischen Pilotkurs werden die Inhalte digitalisiert und damit reproduzierbar.

Bilde Loyalität aus

Solche Gedanken hat Robert Hartlauer längst hinter sich. Seine Akademie, mehr als 20 Jahre alt, übersiedelte 2003 an ihren heutigen Standort, einen umgebauten Gutshof. Zu dem gehört inzwischen auch ein kleiner Hotelbetrieb. Auch er bilde der speziellen Anforderungen wegen – Optik, Hörgeräte, Handy und Fotos – selbst aus, sagt Hartlauer. Und weil er erkannt habe, dass fertig ausgebildete Leute, die er auf dem Markt für Geld einkaufe, für Geld auch wieder gingen. Selbst Ausgebildete wären deutlich loyaler. Auch das wäre ein guter Grund für eine Akademie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2018)

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