Studie. Wenn Millennials die Sinnfrage geklärt haben und wissen, wofür es sich lohnt zu arbeiten, ticken sie ganz ähnlich wie frühere Generationen, zeigt der „Hernstein Management Report“.
Was wurde in den vergangenen Jahren nicht über diese Generation diskutiert: über die zwischen 1980 und 1995 Geborenen, die wahlweise als Generation Y, „gen why“ oder Millennials bezeichnet werden. Ganz anders als frühere Generationen seien sie. Längst sind sie in höchste Führungsebenen aufgestiegen. Zeit, der Frage nachzugehen, ob diese Generation tatsächlich so anders tickt.
Der „Hernstein Management Report“, für den gut 1500 Führungskräfte aus Österreich und Deutschland befragt wurden, nahm sich des Themas an und liegt nun der „Presse“ exklusiv vor.
Millennials wie Nicht-Millennials unter den Führungskräften identifizieren sich vor allem mit Werten rund um Selbstbestimmung und Humanismus, worunter etwa Loyalität und Hilfsbereitschaft subsumiert werden, und Universalismus: Dazu zählen vor allem Gleichheit, Offenheit oder auch Verantwortung gegenüber der Umwelt.
Bei einzelnen Fragen der Werteskala zeigen sich allerdings signifikante Unterschiede. Millennials bewerten Geld, Absicherung, Reichtum, Zeigen und Anerkennen von Leistung sowie Spaßhaben/Hedonismus höher als Nicht-Millennials. Die höhere Zustimmung von Millennials zu den Aspekten Spaß und Abwechslung überrascht nicht – passt sie doch sehr gut zum allgemeinen Bild einer Generation mit höheren Ansprüchen an Freizeit und Unterhaltungswert. Die stärkere Bewertung von Leistung könnte eine Antwort auf das vorherrschende Klischee sein, dass die jüngere Erwerbsgeneration weniger leistungsbereit ist. Möglicherweise kommen damit die Grundhaltung, sich beweisen zu müssen, sowie der Wille zum Ausdruck, durch Leistung und nicht durch Hierarchie Anerkennung zu finden, sagen die Studienautoren.
So unterschiedlich ist das alles aber gar nicht, ist die Diskussion um die Millennials also viel Lärm um nichts? „Wenn Millennials die Sinnfrage geklärt haben und wissen, wofür es sich lohnt zu arbeiten, ticken sie gar nicht so anders wie frühere Generationen“, sagt auch Michaela Kreitmayer, Leiterin des Hernstein-Instituts.
Wunsch nach Autonomie
Faktoren wie Freiräume und Eigenverantwortung sind den Führungskräften über 40 Jahren (59 Prozent Zustimmung) wichtiger als den Jüngeren (44 Prozent). „Je älter man wird, auf umso mehr Lebenserfahrung kann man zurückgreifen. Das Expertenwissen nimmt auch mit dem Alter zu, wenn man am Ball bleibt. Daher will man eigenverantwortlich und mit einem gewissen Spielraum arbeiten“, sagt Kreitmayer. Würden die Wünsche nach Autonomie für einen längeren Zeitraum nicht auf fruchtbaren Boden fallen, könne die Stimmung zu Dienst nach Vorschrift kippen. Besonders, wenn es an Wertschätzung fehle.
Etwas überraschend, sagt Kreitmayer, dass 73 Prozent der Millennials sich vorstellen können, in fünf Jahren noch für ihr Unternehmen zu arbeiten. Das heißt, wenn sie den Job für sinnvoll erachten, braucht es über einen längeren Zeitabstand keine Jobveränderung. Positiv sei auch, dass 73 Prozent ihre Meinung offen im Unternehmen äußern können, auch wenn diese kritisch oder gegen die allgemeine Meinung ist. „Das sind“, sagt Kreitmayer, „zwei wirklich sehr erfreuliche Werte, die wir uns beibehalten sollten.“ (mhk)
ZUR PERSON
Michaela Kreitmayer leitet seit November 2016 das Hernstein Institut, das mit dem „Management Report“ in Kooperation mit Vieconsult regelmäßig Führungskulturen untersucht. [ Hernstein/Philipp Tomsich ]
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2018)