Überforderung gehört dazu

Employer Branding Talent
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Lernen. Mittlerweile hat sich auch in den Unternehmen herumgesprochen: Managementplanspiele sind ein Vehikel, unternehmerisches Denken und Handeln zu fördern.

Jetzt wird sogar schon während der Arbeitszeit gespielt.“ Dieser Kommentar der Führungskräfte war in der Vergangenheit nicht selten zu hören, wenn ein Managementplanspiel auf dem Programm stand. Mittlerweile hat sich herumgesprochen: Planspiele sind ein Vehikel, das Lernen zu fördern. Die jungen Führungskräfte kennen Planspiele schon von der Universität bzw. Fachhochschule.

Wie zum Beispiel Employer Branding Talent. Eine Art Brettspiel, das eben auf den Markt gekommen ist. „Es liefert den Spielern innerhalb eines Tages eine Selbstanalyse, wie gut ein Unternehmen in Sachen Arbeitgebermarke funktioniert“, sagt Gerd Liegerer (Bud & Spencer), einer der Entwickler des Spiels. Und zwar was Kultur, Mitarbeiterbindung, Zielgruppen und Kommunikation betrifft.

Weiche Themen, wie eben Employer Branding, der Umgang miteinander (im Team), Führung oder Change-Management sind die zentralen Anknüpfungspunkte für Planspiele. „Aber es gibt natürlich Parallelitäten zu den Themen, die Unternehmen zurzeit sowieso umtreiben“, sagt Birgit Zürn, Leiterin des Zentrums für Managementsimulation der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. „Agilität, vernetztes Denken, interprofessionelle Zusammenarbeit, Industrie 4.0, Prozessoptimierung.“ Wie sie sieht auch Karl Kaiblinger, Gründer des Planspielzentrums in Wien, ungebrochene Nachfrage nach dem Klassiker, dem unternehmerischen Denken und Handeln. „Das gilt für Lehrlinge genauso wie für Topmanager“, sagt Kaiblinger. Nur mit verschiedenen An- und Herausforderungen. Lehrlinge sollen erkennen, dass sie Teil des Ganzen sind – und müssen bzw. dürfen dafür nicht selten in die Rolle der Führungskraft schlüpfen. Sie sollen beispielsweise verstehen, dass es eben etwas ausmacht, wie man mit Kunden umgeht. „Global Strategy“ wiederum heißt ein Planspiel aus seinem Angebot, das sich an Topmanager richtet. Der Name ist Programm.

Realistische Szenarien

Die Verhaltens- und Hirnforschung habe vor allem zwei Dinge gezeigt. Erstens: Der Inhalt der Planspiele muss für die jeweiligen Spieler relevant sein. Zweitens: Er darf nicht zu nah an der beruflichen Praxis sein. „Flugszenarien“, sagt Kaiblinger, „waren in der Pilotenausbildung ungeeignet. Wir haben die Situation in ein Raumschiff verlegt.“ Und schon funktionierte das Planspiel und lieferte genügend auf das Flugzeugcockpit übertragbare Lernmomente.

Dabei komme es weniger auf eine „ausgefallene Oberfläche oder technische Raffinessen“ an, sagt Zürn. „Wichtiger sind nachvollziehbare Entscheidungsfolgen und realistische Szenarien.“ Mit brettbasierten Planspielen mache man nach wie vor gute Erfahrungen, „da hier die Prozesse einfach haptisch erlebbar sind“.

Gute Planspiele umfassen dabei mehrere Abschnitte: eine Einführung und Aufgaben, die auch Phasen der Überforderung beinhalten. „Die Spieler sollen ins Schwimmen kommen, so entstehen leichter neue Denkmuster“, sagt Kaiblinger. Wichtig sind zudem Reflexions- und Transferphasen, um das Gelernte in den Alltag zu übersetzen. Genau diese Phasen sollen, in mehreren Lernschleifen, sicherstellen, dass sich der (Zeit-)Aufwand lohnt: Manche Planspiele können in zwei, drei Stunden gespielt sein, manche, die komplexe Themen behandeln, dauern bis zu drei Tage.(mhk)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2018)

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