Lehrlinge: Für Spätberufene

(c) Elektrizitätswerke AG Reutte
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Warum es sich auszahlt, nach der Matura eine Lehrausbildung in Angriff zu nehmen. Drei eindrucksvolle Beispiele.

Zugegeben: Noch ist es eher ein Minderheitenprogramm, nach der Matura eine Lehre anzuhängen. Doch so gut wie alle, die damit praktische Erfahrung gemacht haben, sind begeistert. Die Unternehmen, die etwas ältere Lehrlinge an Bord holen, sind begeistert, weil die jungen Mitarbeiter eben über ein paar Jahre mehr Lebenserfahrung verfügen, den einen oder anderen Beruf schon selbst gesehen haben und daher wesentlich genauere Pläne haben, wie ihr Berufsleben aussehen soll.

Genauso begeistert sind die Lehrlinge, die zuvor die Reifeprüfung abgelegt haben. Sie können die Lehre in kürzerer Zeit absolvieren (also meist zwei statt drei Jahre), wenn der Lehrbetrieb damit einverstanden ist. In einigen Berufsgruppen ist auch eine höhere Lehrlingsentschädigung vorgesehen und es gibt diverse Fördermöglichkeiten.

Häufige Maturanten-Lehrberufe sind Bürokaufmann, Reisebüroassistent, Koch, medizinisch-pharmazeutischer Assistent und Buch- und Medienwirtschafter.

Eine Lehre zu beginnen, gibt vielen auch Sicherheit: Die Chancen, die Ausbildung abzuschließen, sind sehr hoch (anders als an Unis, wo nur vier von zehn Studierenden ihr Studium abschließen).

Hoher Stellenwert

Erst maturierte Dominic Mair an der AHS, dann stellte er sich die Frage: Studium oder Lehre? Er entschied sich für die zweite Option – vielleicht auch ein wenig, weil sein Vater, ein handwerklicher Tausendsassa, sein Ansporn war. Heute ist er 22 Jahre alt und wird im Herbst seine Elektrotechniker-Lehre bei der Elektrizitätswerke AG Reutte abschließen. Danach möchte er die Meisterschule besuchen. Denn wer weiß, vielleicht macht er sich eines Tages ja auch selbstständig.

„Bei uns in Tirol hat Handwerk einen hohen Stellenwert“, sagt Mair, deshalb habe seine Entscheidung für die Lehre niemanden überrascht. Auch zwei seiner Maturakollegen hatten eine Lehre begonnen. Nicht gleich nach der Pflichtschulzeit eine Lehre begonnen zu haben, bereut er nicht: „Nach der Matura weiß man genauer, was man will.“

Matura und Lehre in einem

Seit 2016 macht Ines Freisitzer eine Lehre für den Beruf Medienfachfrau/Mediendesign. Es war für die Oberösterreicherin keine leichte Entscheidung, in der 7. Klasse aus dem BORG Perg im Kunst- und Medien-Zweig auszusteigen, „aber es war die richtige“, sagt sie. Spanisch war für sie zum Problem geworden.

(c) Freisitzer

„Ich hatte zum Glück schon eine Ahnung davon, was mich glücklich machen könnte und was nicht.“ Kreatives Arbeiten und regelmäßige Abwechslung waren ihr immer schon wichtig. Bei der Suche nach einer Lehrstelle wurde ihr klar, dass die meisten Agenturen keine Lehrlinge ausbilden wollen. Schließlich wurde sie bei der b2 Werbeagentur fündig. Mit 18 Jahren fing sie an, heuer mit 21 wird sie die Lehre abschließen und parallel dazu auch die Matura vollständig abgelegt haben.

Erfahrung sammeln

Sie hatte begonnen, Transkulturelle Kommunikation zu studieren. Aber rasch merkte Sanela Niculovic, dass ihr an der Universität die Praxisnähe fehlte. Auf der Suche nach einer passenden Alternative wurde sie beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger in Wien fündig.

(c) Ákos Burg

Was die 23-Jährige am Lehrberuf Verwaltungsassistentin reizt „ist die Mischung aus theoretischer Ausbildung mit vielen juristischen Inhalten und viel praktischer Arbeit“ – nämlich in genau jener Abteilung, die u. a. für die Lehrlingsausbildung und die hauseigene Akademie zuständig ist. Und genau diese Berufserfahrung zu sammeln, macht ihr große Freude. Etwas älter als ihre Ausbildungskollegen zu sein, mache ihr nichts aus, ganz im Gegenteil: Manche Dinge nehme sie ernster, manche gelassener als die Jüngeren, sagt sie.

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