Porträt

„Wichtig ist das People Management“

Jana Madzigon
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Der neue CEO des Baustoffkonzerns Saint-Gobain in Österreich, Peter Giffinger, legt viel Wert auf Prozesskommunikation: „Es geht darum zu sehen, wie der andere tickt.“

Er hat im Konzern diverse Aufgaben übernommen: Peter Giffinger hat eine technische Ausbildung, war in der Forschung & Entwicklung wie im Qualitätsmanagement tätig, war Product- und Business-Manager und ist seit 2019 CEO von Saint-Gobain Österreich. Damit ist er für die 700 Mitarbeiter des Baustoffkonzerns an den neun Standorten von Isover, Rigips, Weber und Glassolutions verantwortlich. „So viele Positionen und Funktionen innegehabt zu haben bringt viele Einblicke“ – und helfe in Diskussionen. Jedoch, sagt der 54-Jährige, „das Fachliche ist gar nicht so wichtig wie das People Management.“

Daher schaut er auf die Unternehmenskultur. Rigips etwa, sagt er, sei ein traditionelles Industrieunternehmen, das in sich zwei Welten vereine: Marketing und Vertrieb mit klarem Kundenfokus und die Produktion mit vielen technischen Kennzahlen. Um Interessenkonflikte auszuräumen, arbeitet er intensiv an der Prozesskommunikation und damit am gegenseitigen Verständnis: „Es geht darum zu sehen, wie der andere tickt, wo seine Stärken sind, wer wie reagiert.“

Wenig überraschend ist ihm ein kooperativer Führungsstil ein Anliegen, um gemeinsam bessere Lösungen zu finden, mit bereichsübergreifenden Projekten und entsprechend in Projektmanagement trainierten Mitarbeitern. Daneben etablierte er ein neues, transparentes Lohn- und Anerkennungssystem, in das unter anderem Qualifikation und Wollen/Engagement einfließen – erarbeitet und umgesetzt in vielen Gesprächen der Führungskräfte mit den Mitarbeitern.

Klarheit zählt

Führung bedeutet für Giffinger wesentlich, Klarheit zu schaffen: durch Aufbauorganisation, Aufgabenverteilung und Kommunikation. Diese beginne damit, dass die Schichtpläne rechtzeitig bekannt gegeben werden. Klarheit habe das Ziel, „dass jeder Einzelne disponieren kann“. Entscheidend sei als Führungskraft jedenfalls, bei aller Liebe für klare Bilder, kein mechanistisches Weltbild zu haben.

„Langfristige Karriereplanung ist für uns entscheidend“, sagt Giffinger. Mitarbeiter zu fördern und dauerhaft zu binden sei zum Wettbewerbsfaktor geworden: „Wir wollen uns ja gemeinsam als Unternehmen verbessern.“ 14 Jahre bleiben Mitarbeiter im Schnitt im Unternehmen, bei einer Fluktuation von rund fünf Prozent. Dennoch sei es allen Nachhaltigkeitsbemühungen zum Trotz immer noch schwierig, in den ländlichen Gebieten Mitarbeiter zu finden.

Nachhaltigkeit heißt für ihn im Bergbau, die Natur so zu hinterlassen, „wie wir sie gefunden haben – wir renaturieren und bepflanzen, wie es ursprünglich war“. Für die Logistik bedeute es, für Transport möglichst wenig Energie zu verwenden – Schiene statt Straße bzw. Crossover Business Transportwege. Oder Plattenverschnitt der Gipskartonplatten zu recyceln.

Und in Bezug auf das Personal heiße das, in Mitarbeitersicherheit zu investieren und so wie zuletzt keine Arbeitsunfälle zu erleben. Und: Wenn etwas passiere, zu analysieren und zu reagieren. Nach dem Sturz eines Mitarbeiters auf der Treppe wurde es Pflicht, den Handlauf zu benützen, nach einem Unfall auf dem Mitarbeiterparkplatz muss man das Auto mit dem Heck zuerst einparken.

Nachhaltig führen heißt für ihn auch, in den ersten beiden Jahren der Zusammenarbeit zu prüfen, „ob es passt“. Die Erwartung der Jungen, alle zwei Jahre einen Karrieresprung zu machen, sei ein unnötiger Druck, viele würden sich damit selbst im Weg stehen. Was nämlich, wenn das nicht gelingt? „Man braucht Geduld, dann ergeben sich Möglichkeiten zu ernten.“

Zur Person

Peter Giffinger (54) kam 1987 zu Rigips. Der Weg innerhalb der Unternehmensgruppe führte ihn 1998 zunächst nach London, danach in die Region Zentraleuropa (CEE) und Paris. 2008 avancierte er zum Managing Director von Rigips Austria. 2017 übernahm er die Leitung von Saint-Gobain Weber Terranova Österreich und avancierte 2019 zum CEO von Saint-Gobain Österreich (Rigips, Isover, Weber und Glasssolutions). Ehrenamtlich ist er Präsident bei RespACT (Business Council for Sustainable Development).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2019)

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