Porträt

Vorfreudeobjekte, Erinnerungsstücke

(c) Christian JOBST
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Die neue Eventhalle in Wien, Citymaut und Verbesserungen im täglichen Ticketgeschäft. Ideen gebe es viele, sagt oeticket-Chef Christoph Klingler, „aber man darf sich nicht verzetteln“.

Er stehe Gewehr bei Fuß, sagt Christoph Klingler, der Geschäftsführer von oeticket. Er biete der Stadt Wien jede Unterstützung rund um die in Neu Marx geplante Eventhalle an, die ab dem Jahr 2021 gebaut und schon 2024 in Betrieb gehen soll.

CTS Eventim, die Konzernmutter von oeticket, hat schließlich Erfahrung mit großen Hallen, betreibt sie doch unter anderem in London, Berlin und Kopenhagen selbst welche. Doch auch wenn die Stadt keinen (Betreiber-)Partner suche: „Hauptsache, die neue Halle wird fertig“, sagt der Ticketingspezialist.

Das Projekt sei jedenfalls ebenso interessant wie das immer wieder – auch in Wien – diskutierte Thema Citymaut. In Deutschland arbeitet CTS mit Kapsch Traffic Com bei der Entwicklung des neuen Mautsystem zusammen. Die Kooperation sei interessant, da es „ein Prototyp für Europa“ werde, sagt Klingler, der nach seinem Jusstudium rund 15 Jahre in Agenturen in Österreich, Deutschland und Großbritannien gearbeitet hat. Auf der Insel war er unter anderem damit beschäftigt, neue E-Commerce-Lösungen auf den Gebieten Gamification und Performance Marketing zu entwickeln.

Priorisieren aufs Kerngeschäft

„Es gibt 1000 Ideen“, sagt Klingler, „aber man darf sich nicht verzetteln. Es braucht eine klare Priorisierung auf das Kerngeschäft, das es nie zu vernachlässigen gilt.“ Immerhin betreute oeticket im vergangenen Jahr mehr als 75.000 Events und wickelte zuletzt rund 11,6 Millionen Ticketkäufe ab. Doch man dürfe über das Tagesgeschäft eines nicht vergessen: „Wenn es gut läuft, muss man über Weiterentwicklung nachdenken.“ Etwa die Gäste sicher zu den Veranstaltungen zu bringen und von dort wieder nach Hause. Oder neue Möglichkeiten wie mit oeticket light zu schaffen, einem Selbstanlagesystem, mit dem Veranstalter Tickets selbstständig auf die Plattform stellen können und ihre Tickets online sowie über 4000 Vorverkaufsstellen in Österreich vertreiben können.

Zwar verstehe sich oeticket als Onlineunternehmen, sagt Klingler, man dürfe aber nicht vergessen, „dass 35 Prozent unserer Kunden Offline-Käufer sind“. Und ganz abgesehen davon: „Kunden wollen ein reales Ticket: Das sind Vorfreudeobjekte und Erinnerungsstücke in einem.“

„Und“, sagt Klingler, „das Livegeschäft nimmt zu.“ Die Nachfrage erzeuge Angebot und umgekehrt. Vor zehn Jahren waren Tourneen für Künstler primär Werbeveranstaltungen für neue Alben. Zum Teil hätten sie 80 bis 90 Prozent ihrer Einnahmen aus dem Verkauf und dem Abspielen der Tonträger bezogen. Seit Streamingdienste an Bedeutung gewonnen hätten, sei das Livegeschäft als Einnahmequelle wichtiger geworden. Das Angebot im Bereich Kultur wie Entertainment steige – wie auch bei Sportveranstaltungen; allerdings sei dort das Interesse sehr stark von den tagesaktuellen Leistungen der Klubs und Vereine abhängig: „Nur beim Skifahren ist die Nachfrage stabiler.“

Musik ist vor allem dann nachgefragt, wenn es einen Österreich-Bezug gibt. Was sich an der Beliebtheit von Musikformationen wie Bilderbuch oder Pizzera & Jaus und vielen anderen zeige. Daher versuche sein Haus, als Veranstalter Nachwuchsförderung zu betreiben, den Markt und Gruppen zu entwickeln: vom Gig im Kellerlokal bis zum Auftritt in der Wiener Stadthalle.

Dynamische Preise denkbar

Noch ein Wort zu den Entwicklungen: Seit drei Jahren organisiert der Konzern den Kartenverkauf für große Skigebiete in der Schweiz – inklusive dynamischer Preisgestaltung. Noch gebe es das für Konzertkarten nicht, sagt Klingler, aber wie in der Flugbranche „ist das durchaus denkbar“. Man sei ja, wie gesagt, ein Onlinekonzern. Da brauche es das passende Personal, sagt Klingler. Persönlichkeiten mit offenem Charakter und „Leute, die mit Entertainment etwas anfangen können“. Vor allem, wenn sie im Callcenter der Hotline direkt im Haus arbeiten. „Denn“, sagt Klingler, „unsere Größe weckt Erwartungen, was das Service betrifft.“ Vieles könne man Mitarbeitern beibringen, aber Serviceorientierung, und wie sie mit anderen Menschen umgehen, könne man ihnen nicht einpflanzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2019)

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