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"2 Minuten 2 Millionen": Was nach dem großen Pitch geschah

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Wer in TV-Shows wie dieser auftritt, der hat es geschafft. Sollte man meinen. Danach geht die Arbeit erst richtig los. Oft, aber nicht immer ist sie von Erfolg gekrönt.

Sollen wir, oder sollen wir nicht? Georg Haschke war sich nicht sicher, ob er in der Puls4-Show „2 Minuten 2 Millionen“ („2M2M“) auftreten sollte. Haschkes Produkte, die Nahrungsergänzungsmittel „Regeneraid“ und „Acceleraid“, hatten sich gerade in den Apotheken etabliert. Diese wollte er keinesfalls vergrämen.

Mit einigem Bauchweh trat er dennoch auf. Wider Erwarten erhielt er kein Finanzierungsangebot, sondern die Spontanzusage von Rewe, die Muntermacher bei Bipa zu listen – der direkten Konkurrenz seiner Apotheken. „Wir hatten drei Monate Zeit zwischen Aufzeichnung und Ausstrahlung“, erinnert sich Haschke. „Drei Monate, um ein gänzlich neues Produkt zu erfinden: neue Formel, neue Verpackung, neues Gebinde. Ohne diesen Druck hätten wir das nie geschafft.“ Und, setzt er nach, es hätten niemals alle so widerspruchsfrei an einem Strang gezogen.

Haschke erinnert sich auch, dass am Tag nach der Ausstrahlung beinahe der Onlineshop zusammenbrach. Der Sender hatte sie gewarnt, die Kapazität zu verstärken. „Die Ausstrahlung war spät am Abend. Da tat sich im Shop rein gar nichts, ich war so enttäuscht. Am nächsten Tag sind die Zugriffe explodiert.“ Heute ist er fix bei Bipa gelistet. „Viel Stress, aber es hat sich gelohnt.“

Gelohnt hat sich „2M2M“ auch für Konrad Kreid – nicht nur für sein Start-up. In der Show vertrat er den Schlankmacher „Naturaslim“ und speckte, um glaubwürdig zu sein, vorher selbst ein paar Kilos ab. „Ich habe mich hingehungert“, erzählt er noch heute stöhnend.
Die Ausstrahlung pushte auch Kreids persönliche Karriere. Sein Auftritt gefiel dem Gründer von sportnahrung.at so gut, dass dieser ihm die Geschäftsführung „seines viel größeren Ladens“ anbot, der dann natürlich auch den Schlankmacher listete. In Folge übernahm Kreid sogar das Unternehmen.

Noch ein Folgeeffekt: Kreid hatte schon davor den Black Friday nach Österreich geholt. Die neuen Kontakte zum ProSiebenSat.1Puls4-Imperium nutzte er, um den Rabatttag noch bekannter zu machen. Der Rest ist Geschichte.

Nicht gleich Ja sagen

Noch eine Erfolgsstory: Paul Varga wollte eigentlich noch gar nicht ins Fernsehen. Zwar war er mit seiner smarten Kinderzahnbürste „Playbrush“ angemeldet, „aber sie war gerade erst fertig geworden. Wir waren noch nicht so weit.“

Dann kam der Anruf: In der Sendung war ein Platz frei geworden. Es hieß: Jetzt oder nie. Ein kurzes Briefing, noch kürzere Vorbereitung, und Varga stand im Scheinwerferlicht: „Die Zuschauer sehen nur, was vor den Kameras passiert. Ich war auf so viel Bewegung dahinter nicht gefasst.“

Und auch nicht auf das Werbeangebot des Senders, das er dort live bekam. Medienpräsenz, das klang toll. Dankbar nahm er an. „Blauäugig“, sagt er heute. Zum Denken kam er erst später. Was nützte ihm Medienpräsenz, wenn Webshop, Verkaufs- und Marketingkanäle noch nicht bereit waren? Es war nicht einfach, eine Verschiebung durchzubringen. Tatsächlich kam er auf das Angebot erst 18 Monate später zurück, dann aber gleich für Österreich und Deutschland.

Nicht nur Happy Ends

Die drei Erfolgsgeschichten sollen nicht über so manchen Flop hinwegtäuschen. Nach der Sendung galt „Amabrush“, die Zehn-Sekunden-Zahnbürste, als das „Ding des Jahres“. Es folgte eine höchst erfolgreiche Crowdfunding-Aktion, bei der der Investitionsbetrag dem Kaufpreis der Zahnbürste entsprach, die nachgeliefert werden sollte. Von da an ging's bergab. Verärgerte Crowdfunder stürmten den Konsumentenschutz. Entweder hatten sie gar keine Zahnbürste erhalten, oder sie putzte nicht richtig. Anfang Juni schließlich ging das Start-up pleite. Weil Medienpräsenz und Investoren eben doch nicht alles sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2019)

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