Mit guten Ideen gutes Geld verdienen

Start-up. Sozialunternehmen wollen gesellschaftlichen und/oder ökologischen Mehrwert stiften. Und fragen sich: Dürfen wir damit verdienen? Die Antwort: Ja, sie müssen und können es hoffentlich

Dieses Phänomen beobachten Gründungsberater regelmäßig: die Scheu der Jungunternehmer für ihre Angebote vernünftige Preise zu verlangen – und sich selbst ein entsprechendes Gehalt auszuzahlen. Besonders, wenn die jungen Leute während ihres Studiums gründen: Sie müssen ihr Leben oft nicht über die Geschäftsidee finanzieren. Zudem sind die Lebenshaltungskosten dank Studentenrabatten meist gering. Doch wenn das Hobby zum echten Job werden soll, wird das Gehalt zu Existenzfrage.
Sie zu beantworten fällt schwer, Social Entrepreneurs ganz besonders. Mit ihren Sozialunternehmen wollen sie ja nicht nur Einkünfte auf dem Markt erwirtschaften, sondern auch einen gesellschaftlichen und/oder ökologischen Mehrwert stiften und verändernd wirken.
Kaum jemand will es so treiben wie Harald Ehlert – vom deutschen Boulevard Maserati-Harry genannt. Er war von 1988 bis 2010 Geschäftsführer der Treberhilfe, einem Sozialunternehmen, das Obdachlose unterstützte. Ehlert verdiente damit offenbar so gut, dass er sich einen Maserati als Dienstwagen, ein Geschäftsführerjahresgehalt jenseits der 300.000 Euro und eine Wohnung am Templiner See bei Berlin gönnte. Letztlich endete die Geschichte mit der Insolvenz der Treberhilfe.

Fokus auf die Wirkung 

Ehlert bei Seite lassend bleibt die Frage: Darf ich mit meinem Sozialunternehmen Geld verdienen? Und wenn ja, wie viel? Die Antwort lautet: Man muss. Und man kann es hoffentlich auch.
So wie das niederländische Sozialunternehmen Buurtzorg, das seit 2007 Hauskrankenpflege anbietet. Rund 10.000 Pfleger in 850 selbstorganisierten Teams betreuen jährlich 70.000 Patienten und erarbeiten eine Gewinnspanne von vier Prozent. Dieser Erfolg, sagt Marie Ringler, Chefin von Ashoka Österreich (die Non-Profit-Organisation unterstützt Sozialunternehmen), gelinge, weil Gründer Jos de Blok auf die soziale Wirkung fokussiere: also mehr Lebensqualität für die Patienten und Selbstverantwortliches der Mitarbeiter. Deshalb, und weil er Gewinne reinvestiert, unterstützte Ashoka de Blok mit einem Fellowship.
Regeln, wie viel Sozialunternehmer verdienen dürfen und was mit dem Gewinn passiert, gibt es nicht. Peter Vandor vom Kompetenzzentrum für Nonprofit-Organisationen und Social Entrepreneurship an der WU Wien verweist auf eine Regel, die in Frankreich zum guten Ton gehört: Das höchste Gehalt darf nicht höher als achtmal so hoch sein wie das niedrigste, das ein Sozialunternehmen bezahlt. Und in England sei Usus, dass ein Drittel des Gewinns ausgeschüttet werden darf. Der Rest muss reinvestiert werden. Das soll Sozialunternehmen auch für solche Investoren interessant machen, die neben einer sozialen auch eine finanzielle Rendite erwarten.

Selbstausbeutung – bitte nicht


Rund 2000 Sozialunternehmen gibt es derzeit in Österreich, erhob Vandor. Bis 2025 könnte sich ihre Zahl auf mehr als 8000 vervierfachen.
Dennoch, sagt Christine Spernbauer vom Impact Hub Vienna, der Plattform für Social Entrepreneurs, würde man Sozialunternehmen nach wie vor in die Nice-to-have-Ecke stellen und nicht als „echte“ Unternehmen wahrnehmen.
Das mache es für Gründer, die oft aus einer persönlichen Betroffenheit heraus aktiv werden, schwierig. Und sollten sie scheitern, dann gleich doppelt.
„Man muss sich genau überlegen, ob etwas ein Projekt oder ein Unternehmen ist“, sagt Hannah Lux, Gründerin der „Vollpension“, in der ältere Menschen ausschenken. Sie startete die Vollpension zunächst als Pop-up-Projekt, 2014 entschloss sie sich, Risiko auf sich zu nehmen und zu investieren. Seither verfolgt sie zwei Ziele: das Soziale, Pensionisten Arbeit wie Einkommen zu sichern, und das Wirtschaftliche mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell. Eines, sagt Lux, gehe nicht: „Selbstausbeutung, um anderen zu helfen.“


►Erste Entrepreneurship-Night an der Universität Wien. 18. Jänner, 18 Uhr, Uni Wien. www.alumni.ac.at/entrepreneurshipnight
►Start-up-Day Social Impact: Mit jungen Unternehmen, die die Welt retten wollen. 18. Jänner, 16 Uhr, WU-Gründerzentrum. http://bit.ly/2ijLyTXasdf
►„Darf man mit guten Ideen (richtig viel) Geld verdienen?“ Podiumsdiskussion. 26. Jänner, 18.30 Uhr, WU-Gründerzentrum. www.wtz-ost.at

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