Wie Übungsgerichte beim Berufsstart helfen

Moot Courts. Für Studenten sind „mock trials“ eine Gelegenheit, Basiskompetenzen für die spätere Berufspraxis zu erwerben. Für Kanzleien sind sie eine Plattform, um potenzielle neue Mitarbeiter zu finden.

Jusstudium, und dann? Behörde, Kanzlei, Gericht? Um zu wissen, was einem liegt, muss man es ausprobieren. Im angloamerikanischen Raum sind deshalb Übungsprozesse, in denen fiktive Fälle möglichst realitätsnah bearbeitet werden, fester Bestandteil jedes Jusstudiums. Österreichische Universitäten hingegen fokussieren auf theoretisches Wissen, die Praxis kommt oft zu kurz.

Ein Wettbewerbsnachteil für heimische Studenten, findet Christian W. Konrad, Partner bei Konrad & Partners. Denn in den sogenannten „mock trials“ lernen angehende Anwälte, Plädoyers vorzubereiten und vor einem Schiedsrichter zu sprechen. Sie können beweisen, dass sie eloquent sind, ein Pluspunkt bei Bewerbungen in der Berufswelt: „Ein Anwalt darf nicht auf den Mund gefallen sein“, sagt Konrad.

Seine Kanzlei veranstaltet seit zwei Jahren die Arbitrator's Quest, ein „mock trial“, das speziell osteuropäische Talente anspricht, die im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit tätig sein wollen und für die es aus finanziellen Gründen schwieriger ist, sich zu präsentieren. Dem Gewinner winkt ein bezahltes Praktikum in der Kanzlei in Wien, in der Regel folgt darauf eine Fixanstellung.

Networking für den Beruf

Die Teilnahme an „mock trials“ ist für Studierende jedenfalls eine Chance – eine jahrelange Tradition hat etwa der bundesweite Franz-von-Zeiller-Moot-Court aus Zivilrecht, vergleichsweise jung hingegen ist der Moot Court Umweltrecht, der 2014 von Peter Sander, Partner bei Niederhuber & Partner Rechtsanwälte (NHP), initiiert wurde. Einerseits haben Teilnehmer einen Vorteil in späteren Bewerbungsprozessen, andererseits bekommen sie die Gelegenheit, Kanzleien auf sich aufmerksam zu machen.
„Studenten, die im Rechtsbereich tätig bleiben wollen, können direkt Kontakte in der Branche knüpfen“, sagt Bernhard Kofler-Senoner, Partner bei der Wirtschaftssozietät Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati (CHSH).

Gemeinsam mit anderen Kanzleien unterstützt CHSH den Kartellrecht-Moot-Court in Wien, der dieses Jahr zum dritten Mal stattgefunden hat.
Wie das aussieht? Jede juridische Fakultät in Österreich stellt ein dreiköpfiges Team (Juridicum und WU schicken als einzige Fakultäten jeweils zwei ins Rennen), das von einer der Kanzleien gecoacht wird: vom Verfassen des Schriftsatzes bis zur Vorbereitung des mündlichen Plädoyers. CHSH betreute dieses Jahr das Team Juridicum 1, das schließlich als Sieger hervorging. Dahinter steckt auch ein Recruiting-Gedanke: gute Leute in Aktion sehen, um potenzielle Mitarbeiter zu finden. „Jeder Lebenslauf ist nur wenig wert, wenn man nicht weiß, wer dahinter steht“, erklärt Kofler-Senoner die Motivation.

Punkten könne, wer „exzellent und interessiert“ auftrete, sagt Natalie Harsdorf, stellvertretende Leiterin der Geschäftsstelle der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). In Partnerschaft mit der European Law Students' Association (ELSA) und der Kanzlei Dorda initiierte die BWB diesen Moot Court. Sie habe schon einige Absolventen des Wettbewerbs in Kanzleien wieder getroffen, sagt Harsdorf. Dennoch gehe es um mehr als um bloßes Recruiting – auch wenn der „Best Speaker“ ein Verwaltungspraktikum bei der BWB gewinnt. „Wir wollen das Interesse der Wissenschaft an Kartellrecht fördern und Studenten in diesem Bereich stärken“, erklärt Harsdorf.
Denn obwohl die Nachfrage in der Berufspraxis steige, sagt Kofler-Senoner, hätten Universitätslehrpläne hierzulande sicher noch Aufholbedarf.

Orientierungshilfe

Neben Branchenkontakten und Praktikumsplätzen profitieren die Studierenden in den Prozesswettbewerben auch hinsichtlich der Wahl ihres Berufsweges: Sie können – entsprechendes Interesse vorausgesetzt – herausfinden, wo ihre Stärken liegen. Wer zusehen möchte: Die öffentlichen Finalverhandlungen des Franz-von-Zeiller-Moot-Court aus Zivilrecht finden am 13. Juni in Graz statt.

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