Lehrstart: Das schaffe ich doch mit links

Checkliste. Eben noch Schüler, plötzlich Lehrling. Nicht alle fühlen sich in ihrer neuen Welt von Anfang an wohl. Eines fällt bei den Guten auf: Sie wurden schnell erwachsen.

Lisa-Marie Kaiser (heute 23) hatte schon zwei Jahre Friseurlehre hinter sich, als sie absprang. Sie hatte sich diesen Beruf nicht ausgesucht, nun hielt sie ihn nicht länger aus.

Wolfgang Lödl (heute 20) hatte genug von seiner Ausbildung als Kindergartenpädagoge. Mit 18 Jahren schmiss er die Schule und jobbte ein wenig hier, ein wenig da: „Ich dachte, wenn ich mich ins Arbeitsleben stürze, bin ich sofort drinnen. Dabei habe ich nur die große Zehe hineingesteckt.“

Schwierige Zeiten kennt auch Oliver Constantin Schoppmann (heute 27), obwohl er seinen Traumberuf von klein an kannte. Ihn zog es nach dem Abitur in Bayern nach Österreich, wo er eine Lehre als Hotel- und Gastgewerbeassistent absolvierte: „Trotzdem waren da ein paar Zeitpunkte, die ich durchtauchen musste. Das will ich nicht verschweigen.“

Für alle drei gab es ein Happy End. Kaiser und Lödl fanden ihre berufliche Heimat als Multimedia-Fachberaterlehrlinge bei Saturn. Schoppmann leitet inzwischen die Nachtschicht im Sofitel Vienna Stephansdom. Im Rückblick erzählen sie, was beim Einstieg in die Lehre alles schiefgehen kann – und wie man es richtig anpackt.

Sei du selbst.

Die meisten Schulen bieten Bewerbungstrainings an. Dort lernt man, strukturierte Lebensläufe zu schreiben und sich selbst so zu präsentieren, wie es der Recruiter (vermeintlich) erwartet.

Was man nicht lernt, ist authentisch zu sein. „Ich war unglaublich nervös“, erinnert sich Lödl, „alle hatten Einserzeugnisse, nur ich nicht.“ Eingestellt wurde dennoch er. Weil er seine große Stärke ausspielte: Lödl ist sehr kontaktfreudig. Dem Recruiter gefiel nicht nur seine Offenheit, der damals 18-Jährige brachte ihn sogar zum Lachen. Was den künftigen Multimediafachberater zu einer wichtigen Erkenntnis führt: „Du wirst eingestellt für das, was du bist – nicht für das, was du vorspielst.“

Entscheide dich rasch.

Viele Hotels suchen verzweifelt Nachwuchs, weiß Nachtschichtleiter Schoppmann: „Sie freuen sich über jeden, der zwei gesunde Hände hat. In ihrer Not selektieren nur die wenigsten.“ Das räche sich. Den jungen Leuten wäre nicht klar, worauf sie sich einließen. Viele würden bald resignieren: „In fünf Jahren habe ich zehn Lehrlinge kommen gesehen. Drei sind gleich wieder gegangen.“

Zugegeben, es gehört eine Portion Glück dazu, mit 14 oder 15 Jahren die richtige Berufswahl zu treffen. Nicht immer sind Eltern und Lehrer, nicht einmal Schulnoten die besten Ratgeber. Zwei bis drei Monate sollen man im Job durchhalten und die verwirrende Anfangsphase durchstehen, hier sind sich alle drei einig. Wer sich dann noch immer nicht vorstellen kann, den Beruf zumindest mehrere Jahre auszuüben, sollte rasch über Alternativen nachdenken.

Organisiere dich.

Lehrlinge würden rascher erwachsen als Maturanten, meint Multimedia-Fachberaterlehrling Kaiser. Sie übernehmen auch schneller Verantwortung. Das beginnt beim Aufstehen in der Früh: „Es macht einen Unterschied, ob ich mir beim Einschlafen sage: ,Ich will pünktlich aufstehen‘, oder ob ich wie in der Schule sage: ,Macht eh nichts‘. Ich habe das selbst in der Hand.“

Sie selbst legte sich Rituale zurecht: Am Abend die Kleidung für den nächsten Tag herauslegen (gebügelt!), morgens so früh aufstehen, dass sich ein Frühstück ausgeht. Und eine Dusche: „In der Schule war das noch egal. Aber jetzt fällt es mir auf, wenn jemand streng riecht.“

Lehrer sind Freunde.

Als Schüler, erinnert sich Nachtschichtleiter Schoppmann, sah er Lehrer oft als Feinde an. Zu Unrecht – doch um das zu erkennen, brauchte es Reife: „Sie wollen einem doch nur Wissen vermitteln. Und helfen.“ Erst in der Berufsschule erkannte er das.

Finde Spaß an deinem Beruf.

Lernen ist anstrengend. Drei Monate brauche es, sagt Lödl, eine Fachabteilung halbwegs zu verstehen, ein Jahr, sie im kleinen Finger zu haben. Bis dahin sei es ein weiter Weg. Aber die Erfolgserlebnisse werden von Tag zu Tag mehr: „Viele Kunden kommen und wissen nur, dass sie einen Computer wollen. Aber sie wissen nicht, was er können soll. Das finde ich für sie heraus“, sagt er und erzählt begeistert von Prozessoren, Arbeitsspeichern und Frequenzbereichen. Auch das ist eine Frage der Einstellung: Wer Spaß an seinem Job haben will, der findet ihn.

Steh zu deinen Fehlern.

Missgeschicke vertuschen, unter den Teppich kehren, sich tot stellen: Das passt zu Kindern, nicht zu jungen Erwachsenen. Sie stehen zu ihren Fehlern und Schwächen und haben den Mut, um Hilfe zu bitten.

Wie die künftige Fachberaterin Kaiser es so schön formuliert: „Du kannst ruhig jung sein und noch ein bisserl dumm. Aber du musst so intelligent sein zu wissen, dass es um deine Zukunft geht.“

("undefined", Print-Ausgabe, 23.04.2016)

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