Folge 13. Karin B. wechselt in die Marketingabteilung eines Handelsunternehmens. Der neue Vertrag ist unbefristet, eine Probezeit wird nicht vereinbart. Nach zwei Wochen erfährt sie von ihrer Schwangerschaft...
... und bleibt wegen Übelkeit einen Tag zu Hause. Als sie ihrem Chef am nächsten Tag die Schwangerschaft mitteilt, löst er das Dienstverhältnis mit sofortiger Wirkung auf.
Eine Probezeit kann für die Höchstdauer eines Monats vereinbart werden. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten ohne Angabe von Gründen und ohne Einhaltung von Frist oder Termin mit sofortiger Wirkung aufgelöst werden. Manche Kollektivverträge (zum Beispiel der Handels-KV) sehen ebenfalls Probezeiten vor. Die Probezeit gilt dann, obwohl sie nicht im Arbeitsvertrag steht.
Die Auflösung während der Probezeit ist weder Entlassung (dafür bräuchte es einen Grund) noch Kündigung (dafür braucht man zwar keinen Grund, es sind aber Kündigungsfristen und -termine einzuhalten). Daher unterliegen Auflösungen während der Probezeit weder dem allgemeinen, noch dem besonderen Entlassungs- und Kündigungsschutz (beispielsweise keine Sozialanfechtung einer Probezeitauflösung).
Auflösungen während der Probezeit unterliegen jedoch dem gesetzlichen Diskriminierungsschutz. Verboten ist jede Beendigung eines Dienstverhältnisses, die aufgrund der ethischen Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, des Alters, einer Behinderung, der sexuellen Orientierung oder eben auch des Geschlechts und Familienstands erfolgt, worunter auch eine Schwangerschaft fällt.
Im Beispielfall könnte Karin B. die Probezeitauflösung daher binnen 14 Tagen bei Gericht wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot anfechten. Gewinnt sie, bleibt das Dienstverhältnis aufrecht und kann aufgrund der Schwangerschaft auch ohne vorherige gerichtliche Zustimmung nicht mehr gekündigt werden.
Ihr Arbeitgeber kann sich zwar auf die kollektivvertragliche Probezeit (Handels-KV) berufen und den Krankenstand als diskriminierungsfreien Auflösungsgrund geltend machen. Unter den konkreten Umständen hätte diese Strategie aber eher wenig Aussicht auf Erfolg. Spezielle Beweislastregeln sollen nämlich sicherstellen, dass die Diskriminierungsverbote nicht leerlaufen. Der Arbeitgeber ist dafür beweispflichtig, dass nicht die Schwangerschaft, sondern ein sachliches Motiv für die Auflösung ausschlaggebend war.
Es ist aber wenig wahrscheinlich, dass nicht die Schwangerschaft und der für den Arbeitgeber nachteilige Kündigungsschutz das ausschlaggebende Motiv war, sondern ein eintägiger Krankenstand, der überdies mit der Schwangerschaft zusammenhänt. Vor Gericht würde es dem Arbeitgeber also kaum gelingen, ein anderes, diskriminierungsfreies Motiv für die Auflösung glaubhaft zu machen.
Jakob Widner ist Partner bei Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in Wien und leitet dort den Bereich Arbeitsrecht.
Alle bisher erschienenen Beiträge des "Crashkurs Arbeitsrecht" finden Sie hier.