Folge 42. Brigitte K. ist zur Hälfte der für ihren Betrieb geltenden Normalarbeitszeit beschäftigt. Zufällig erfährt sie, dass die Vollzeit-Stelle des Abteilungsleiters frei wird. Brigitte K. bewirbt sich. Statt ihr wird die vollzeitbeschäftigte Sabine M. Abteilungsleiterin.
Das Arbeitszeitgesetz (AZG) definiert die Teilzeitarbeit. Sie liegt vor (vereinfacht dargestellt), wenn die vereinbarte Wochenarbeitszeit die gesetzliche oder kollektivvertragliche Normalarbeitszeit im Durchschnitt unterschreitet. Das AZG gibt Rahmenbedingungen für die Teilzeitarbeit vor, die im gegebenen Zusammenhang nicht von Bedeutung sind und es enthält, was hier wesentlich ist, ein Benachteiligungsverbot. Dieses entspricht einer gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe, die die Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten untersagt.
Das Benachteiligungsverbot
Das Benachteiligungsverbot erfasst die gesamten Entgelt- und Arbeitsbedingungen. Teilzeitbeschäftigte haben Anspruch auf Teilnahme an Gehaltserhöhungen für Vollzeitbeschäftigte. Zeiten der Teilzeitbeschäftigung dürfen grundsätzlich nicht schlechter gewertet werden, als Zeiten der Vollzeitbeschäftigung. Regelungen, die für Teilzeitbeschäftigte eine längere Dienstzeit für das Erreichen von Leistungen vorsehen, als für Vollzeitbeschäftigte, sind unwirksam. Teilzeitbeschäftigte dürfen auch nicht bei Betriebspensionen benachteiligt werden. Ihre Ansprüche bestehen aber nur anteilig in dem Verhältnis, in dem die Teilzeit zur Vollarbeitszeit steht. Daher stellt es keine unzulässige Diskriminierung dar, wenn eine Kinderzulage aliquotiert wird.
Gerechtfertigte Differenzierungen
Sachlich gerechtfertigte Differenzierungen aus anderen Gründen als der Teilzeit sind zulässig. Zu diesen Gründen zählen etwa die fachliche Eignung, die Arbeitsleistung, berufliche Erfahrung und Anforderungen des Arbeitsplatzes auch in zeitlicher Hinsicht. Sind die Aufgaben an dem Arbeitsplatz nur in Vollzeit zu bewältigen, stellt es keine Benachteiligung dar, wenn ein Teilzeitbeschäftigter den Arbeitsplatz nicht erhält. Selbstredend dürfen keine Kriterien herangezogen werden, nach den nach anderen Vorschriften nicht diskriminiert werden darf. Im Zusammenhang mit Teilzeitbeschäftigung ist hier insbesondere an das Verbot der mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu denken. Da im Ausgangsfall die beiden Bewerberinnen aber das gleiche Geschlecht haben, fällt dieser Aspekt weg.
Neben dem grundsätzlichen Benachteiligungsverbot sieht das AZG vor, dass der Arbeitgeber teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer bei Ausschreibung von im Betrieb freiwerdender Arbeitsplätze, die zu einem höheren Arbeitszeitausmaß führen können, informieren muss. Eine „Ausschreibung“ ist jede Form der Bekanntmachung einer geplanten Besetzung an einen größeren Personenkreis. Es besteht nach dem AZG aber keine Verpflichtung, einen Arbeitsplatz auszuschreiben.
Fazit
Im Fall von Brigitte K kommt es also zunächst darauf an, ob der Arbeitgeber den Arbeitsplatz des Abteilungsleiters ausgeschrieben hat. Denn es liegt auf der Hand, dass dieser Arbeitsplatz zu einem höheren Arbeitszeitausmaß führen kann. Hat der Arbeitgeber den Arbeitsplatz ausgeschrieben, hätte er Brigitte K. und alle anderen Teilzeitbeschäftigten des Betriebes informieren müssen.
Ob die Bevorzugung von Sabine M. eine unzulässige Benachteiligung von Brigitte K. war, hängt davon ab, aus welchen Gründen Sabine M. Abteilungsleiterin geworden ist. Wenn Brigitte K. bereit war, ihr Beschäftigungsausmaß im erforderlichen Umfang auszudehnen, müssen andere Kriterien als die Teilzeitbeschäftigung für die Entscheidung ausschlaggebend gewesen sein. Dafür ist der Arbeitgeber von Brigitte K. beweispflichtig.
Kurt Wratzfeld ist Partner bei der Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH (fwp) mit Spezialisierung in den Bereichen Arbeitsrecht, Prozessführung, Betriebspensionsrecht und allgemeines Zivilrecht. Er ist Autor zahlreicher Publikationen.