Crashkurs Arbeitsrecht: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote

Folge 43. Georg K. ist IT-Spezialist und hat ein attraktives Angebot einer anderen Firma. Er studiert seinen Dienstvertrag und findet ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Kann er das Angebot trotzdem annehmen?

Nach Ende des Dienstverhältnisses steht es Arbeitnehmern grundsätzlich frei, bei anderen Unternehmen ein Dienstverhältnis zu beginnen. Das gilt auch dann, wenn es sich beim neuen Arbeitgeber um ein Konkurrenzunternehmen handelt. Ein Wechsel zu einem Konkurrenten ist allerdings dann unzulässig, wenn im Dienstvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot (auch „Konkurrenzklausel“ genannt) vereinbart ist.

Grundvoraussetzung für die Gültigkeit einer Konkurrenzklausel ist, dass der Mitarbeiter nicht minderjährig ist und ein bestimmtes Mindestentgelt bezieht. Dieses liegt für Dienstverträge, die ab 29.12.2015 abgeschlossen wurden, beim 20-fachen der täglichen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage (derzeit EUR 3.320/Monat). Für davor abgeschlossene Verträge liegt es beim 17-fachen der täglichen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage.

Geltungsbereich von Konkurrenzklauseln

Ist es möglich, Mitarbeitern durch eine Konkurrenzklausel jede Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen zu untersagen? Die Antwort ist nein.

Konkurrenzklauseln dürfen konkurrenzierende Tätigkeiten nur für die Dauer von maximal einem Jahres nach Ende des Dienstverhältnisses verbieten. Auch dürfen sie eine spätere Berufstätigkeit nur so weit einschränken, als es nicht zu einer Existenzgefährdung des Mitarbeiters kommt. Dies wäre zB dann der Fall, wenn ein Mitarbeiter seine beruflichen Fähigkeiten überhaupt nicht mehr verwerten könnte und somit für den gesamten Arbeitsmarkt „gesperrt“ ist.

Darüber hinaus muss die geografische Geltung einer Konkurrenzklausel begrenzt sein. Keinesfalls ist es etwa zulässig, den Mitarbeiter „weltweit“ von der Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen auszuschließen. Schon die Beschränkung der Erwerbsausübung für das gesamte österreichische Bundesgebiet ist problematisch (hier müssten gute Gründe auf Seiten des Unternehmens vorliegen).

Entspricht eine Konkurrenzklausel nicht diesen Vorgaben, ist sie nicht völlig unwirksam, sondern nur „teilnichtig“. Dies bedeutet, dass ein Gericht im Streitfall die inhaltliche, zeitliche bzw. geografische Reichweite einer Konkurrenzklausel auf das gesetzlich zulässige Maß einschränken würde (z.B. würde es eine 18-monatige Konkurrenzklausel auf höchstens 12 Monate einschränken oder eine „weltweite“ Geltung auf einen abgegrenzten geografischen Bereich wie etwa ein Bundesland in Österreich).

Auf die Beendigungsart kommt es an

Die Tatsache, dass eine Konkurrenzklausel formal richtig vereinbart ist, bedeutet allerdings noch nicht automatisch, dass diese nach Beendigung des Dienstverhältnisses jedenfalls wirksam ist. Kündigt das Unternehmen das Dienstverhältnis, ist die Konkurrenzklausel nämlich grundsätzlich unwirksam.

Dasselbe gilt bei einer ungerechtfertigten Entlassung oder einem gerechtfertigten vorzeitigen Austritt eines Mitarbeiters. Bei einer Kündigung kann der Arbeitgeber die Wirksamkeit der Konkurrenzklausel wiederherstellen (diese also „ins Leben zurückrufen“), indem er sich verpflichtet, dem Mitarbeiter für die Geltungsdauer der Konkurrenzklausel (z.B. 1 Jahr) das bisherige Entgelt weiterzuzahlen.

Bei einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses ist die Konkurrenzklausel ohne weitere Voraussetzungen gültig.

Kündigt ein Mitarbeiter das Dienstverhältnis aufgrund des Stellenangebotes eines anderen Unternehmens, ist die Konkurrenzklausel ebenfalls voll wirksam. Für Georg K. bedeutet dies, dass er möglicherweise einen Verstoß gegen die Konkurrenzklausel begeht, falls er das Angebot des neuen Unternehmens annimmt. Ein Verstoß wäre insbesondere dann wahrscheinlich, wenn Georg K. künftig dieselbe Position ausübt (IT-Spezialist) und der neue Arbeitgeber in derselben Branche tätig ist wie der derzeitige.

Welche Konsequenzen drohen?

Verstößt Georg K. gegen die Konkurrenzklausel, kann ihn sein Arbeitgeber durch eine Unterlassungsklage (ev verbunden mit einer einstweiligen Verfügung) von der Ausübung der neuen Beschäftigung abhalten. Auch kann sein Arbeitgeber Schadenersatzansprüche gegen ihn geltend machen.

Anders verhält es sich, falls ein Verstoß gegen die Konkurrenzklausel laut Dienstvertrag mit einer Konventionalstrafe („Pönale“) sanktioniert wird. Dann kann das Unternehmen bei einem Verstoß nur die Bezahlung der Strafe verlangen, also insbesondere nicht die Unterlassung der Konkurrenztätigkeit.

Konventionalstrafen dürfen im Übrigen nicht höher als sechs Nettomonatsentgelte sein und unterliegen darüber hinaus dem richterlichen Mäßigungsrecht. Kommt im Streitfall ein Gericht daher zum Schluss, dass eine solche Strafe einen Mitarbeiter übermäßig belastet, kann es diese reduzieren (und zwar bis auf Null). Angesichts dieser Schranken sehen Unternehmen, die ernsthaft an einer Unterlassung der Konkurrenztätigkeit interessiert sind, oft von vornherein von der Vereinbarung einer Konventionalstrafe ab.

Philipp Maier ist Partner bei der internationalen Anwaltskanzlei Baker McKenzie und spezialisiert auf das Arbeitsrecht. Er berät insbesonders zu Transformationsprozessen, Arbeitszeitmodellen, Post Merger Integration und internationalen Entsendungen. Er ist Autor zahlreicher Publikationen und Vortragender im Arbeitsrecht.

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