Crashkurs Arbeitsrecht: Betriebsurlaub

Folge 46. Martina S. will zwei Wochen verreisen. Ihr Arbeitgeber hat jedoch aufgrund der geringeren Auslastung einen Betriebsurlaub für drei Wochen geplant. Martina S. möchte ihren Urlaub nicht auf einmal verbrauchen und fragt sich, wie sie trotz verordnetem Urlaub nicht um ihren Anspruch kommt.

Arbeitgeber haben oftmals ein Interesse daran, Zeiten von geringerer Auslastung für einen Betriebsurlaub zu nützen. Arbeitgeber können Betriebsurlaube jedoch nicht einseitig festlegen. Zeitpunkt und Dauer eines Urlaubs müssen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden.

Der Arbeitgeber muss den Betriebsurlaub mit jedem einzelnen Arbeitnehmer vereinbaren. Dabei dürfen die Erholungsinteressen des Arbeitnehmers nicht gänzlich außer Acht gelassen werden. Es ist auf die üblichen Urlaubsgewohnheiten Rücksicht zu nehmen. Die Festlegung eines Betriebsurlaubs in den Sommermonaten ist beispielsweise günstiger als im Herbst, da die meisten Arbeitnehmer dazu neigen ihren Urlaub in den Sommermonaten zu konsumieren.

Der Betriebsurlaub darf nicht zu lange sein

Der Betriebsurlaub darf nicht den Großteil des Urlaubsanspruchs des Arbeitnehmers abdecken. Ein insgesamt fünfwöchiger Betriebsurlaub würde dem Arbeitnehmer beispielsweise die Möglichkeit nehmen seinen Urlaub individuell zu planen. Betriebsurlaub in diesem Ausmaß kann daher nicht wirksam vereinbart werden. Als Richtmaß gilt nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes (OGH), dass dem Arbeitnehmer ungefähr die Hälfte seines Urlaubsanspruchs zur freien Disposition zur Verfügung steht.

Schriftlich, mündlich oder konkludent?

Die Urlaubsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist an keine Formvorschriften gebunden und kann schriftlich, mündlich oder konkludent erfolgen. Die konkludente Vereinbarung kommt in Betracht, wenn der Betriebsurlaub ausreichend lange im Vorhinein bekannt gegeben wurde und der Arbeitnehmer nicht innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch erhebt. Nicht zulässig erachtete der OGH das Extrembeispiel, bei dem ein Lehrberechtigter seinem Lehrling an einem Freitag im November knapp vor 20:00 Uhr eine SMS mit der Information schickte, dass in der folgenden Woche Betriebsurlaub sei.

Urlaubsvereinbarung im Arbeitsvertrag

Viele Arbeitgeber vereinbaren den jährlichen Betriebsurlaub mit den Arbeitnehmern bereits im Arbeitsvertrag. Dies ist zulässig und auch ratsam, zumal Urlaubsvereinbarungen aus Beweisgründen stets schriftlich erfolgen sollten.

Jeder Arbeitnehmer bekommt eine eigene Vereinbarung

Da Betriebsurlaube mit jedem Arbeitnehmer einzeln vereinbart werden müssen, ist eine Regelung mittels Betriebsvereinbarung nicht zulässig. In Betriebsvereinbarungen können zwar allgemeine Grundsätze betreffend dem Urlaubsverbrauch geregelt werden, konkrete Urlaubstermine für einzelne Arbeitnehmer sind jedoch von dieser Regelungsbefugnis nicht umfasst, da der Betriebsrat keine Vollmacht hat, eine für die Arbeitnehmer bindende Vereinbarung über einen Betriebsurlaub mit dem Arbeitgeber zu schließen. Dennoch abgeschlossene Urlaubsvereinbarungen sind nur dann wirksam, wenn ihr die Arbeitnehmer einzeln zustimmen.

Während des Betriebsurlaubs arbeiten

Verweigert ein Arbeitnehmer seine Zustimmung zum Betriebsurlaub, müsste ihm die Möglichkeit geboten werden, während des Betriebsurlaubs zu arbeiten. Ist dies dem Arbeitgeber nicht möglich, reicht die Meldung zur Arbeitsbereitschaft durch den Arbeitnehmer aus, damit er seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung behält. Die Meldung zur Arbeitsbereitschaft muss ausreichend ernstlich durch Real- oder Verbalangebot (Anwesenheit oder mündliche bzw schriftliche Erklärung) erklärt werden. Nicht zumutbar ist laut Ansicht des OGH die Forderung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer täglich seine Arbeitsbereitschaft erklärt, da dies als schikanös einzustufen ist.

Das Widerspruchsrecht wahrnehmen

Martina S. sollte in ihrem Arbeitsvertrag nachsehen, ob ein Betriebsurlaub mit ihr vereinbart wurde. Wenn nicht, kommt es darauf an, ob der Betriebsurlaub im Vorhinein von ihrem Arbeitgeber bekannt gemacht wurde. In diesem Fall hätte Martina S. ihr Widerspruchsrecht wahrnehmen müssen. Hat Martina S. keinen Widerspruch geleistet, hat sie dem Betriebsurlaub konkludent zugestimmt und muss diesen auch konsumieren. Hat sie weder mündlich noch schriftlich oder konkludent dem Betriebsurlaubes zugestimmt, muss sie sich arbeitsbereit melden, damit sie nicht ihren Entgeltfortzahlungs- und Urlaubsanspruch für die Zeit des Betriebsurlaubs verliert.

(c) Felicitas Matern

Florian Dauser ist Associate bei der Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH (fwp).

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