Kolumne "Führungsfehler". Der IT-Chef war nicht everybody's darling. Wollte er auch nicht sein. Aber ein wenig mehr Diplomatie hätte ihm einiges erspart.
Zugegeben, er war knorrig. Eine empfindsame Seele in einem wuchtigen Körper. Er war es gewohnt, wegen seiner Maße gedisst zu werden. Laut Duden bedeutet „dissen“ schimpfen, schmähen, diskreditieren und verunglimpfen. Passt gut, fand er. Und legte sich seine knorrige Maske zu.
Doch als IT-Chef hätte er teamfähig und konziliant sein müssen. Empathisch erfragen, was sich der User denn so wünsche, und wortgewandt seine Leistungen verkaufen müssen.
So aber tüftelte er in seinem Chefzimmer das Konzept für eine neue Filialsoftware aus, ließ sie von seinen Leuten programmieren und von ausgewählten Beta-Usern testen. Angemessen stolz stellte er sie dann im Jahresmeeting vor.
Die Reaktion war alles, nur kein Applaus. Die Bereichsleiter, die sich schon oft an seiner Knorrigkeit die Zähne ausgebissen hatten, sahen ihre Stunde gekommen. Am Konzept war nichts auszusetzen. Also hakten sie sich an nebensächlichen Details fest, zerrissen über die kleinen Schwachpunkte das ganze große Projekt. Einwände wohlgesonnener Kollegen übergingen sie einfach. Rache ist süß.
Der IT-Chef blieb nicht mehr lange im Unternehmen. Der Geschäftsführer selbst kündigte ihn. Er genösse das Vertrauen des Managements nicht mehr, sagte er. Bald darauf zog er einen neuen IT-Leiter aus dem Hut, einen netten Kerl.
Der nahm das Konzept, fragte die Bereichsleiter nach ihren Änderungswünschen und baute sie ein. Ein halbes Jahr später präsentierte er das Konzept erneut.
Er bekam standing ovations.
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Ähnlichkeiten mit realen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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