Kolumne "Führungsfehler". Die Key Account Chefin freute sich auf ihr Jahresgespräch. Sie hatte gute Kunden gebracht und feine Abschlüsse eingefahren. Dann kam alles anders.
Ohne Umschweife eröffnete ihr der Vorgesetzte, dass sie ihr Büro räumen musste. Ab sofort war sie eine „normale“ Verkäuferin, zuständig für ein dürres Gebiet, nicht mehr prämien- und kaum mehr provisionsberechtigt. Warum? Er blockte ab.
Sie wusste es ohnehin. Mit ihren 48 Jahren hielt er sie für zu alt für ein Business, das seiner Meinung nach junge Talente verlangte.
Er ließ ihr keine Zeit, sich von ihren Key Accounts zu verabschieden. Die interne Info ging zehn Minuten später durchs Netz, aalglatt und unantastbar formuliert. Über die Gerüchteküche wurden Unzuverlässigkeit und schwindende Leistung verbreitet, was sich bald zu den Kunden durchsprach. Die Kollegen zeigten sich ohnehin nicht mehr mit ihr.
Das Motiv war klar: Sie war 25 Jahre in der Firma, die Abfertigung (System alt!) bei Arbeitgeberkündigung war teuer. Sie sollte mürbe gemacht werden und selbst kündigen. Nahe daran war sie. Ihr Selbstbewusstsein war im Keller. Mit ihren rot geweinten Augen konnte sie unmöglich zum Kunden.
Spät, aber nicht zu spät entschloss sie sich zu klagen. Hätte sie länger gewartet, wäre ihr das als Zustimmung ausgelegt worden. Ihren alten Posten bekam sie nicht zurück (sie hätte ihn auch nicht mehr wollen), aber die gebührende Abfertigung. Von der baute sie sich eine neue Existenz auf: als Coach für drangsalierte Führungskräfte.
Derer gibt es jede Menge.
Das Management. Unendliche Möglichkeiten für Führungsfehler. Wenn Sie einen solchen loswerden wollen, schreiben Sie an: andrea.lehky@diepresse.com
Ähnlichkeiten mit realen Personen oder Unternehmen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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