Der Wink des Schicksals

Kolumne "Führungsfehler". 30 Jahre Sachbearbeiterin – und von einem Tag auf den anderen abgebaut. Da traf sich das Angebot dieses Direktvertriebes ganz ausgezeichnet.

Wie ein Wink des Schicksals schien ihr, was ihr dieser (ausnehmend gutaussehende) Gentleman da erzählte. Er hatte sie über Xing konaktiert, er suche attraktive Frauen wie sie, die offen wären für eine berufliche Veränderung und glaubhaft seine Kosmetiklinie vertreten könnten. Das schmeichelte ihr.

Man traf sich in einem Vorstadtcafé. Die Marke kam aus Amerika, ein Wunder auf dem Gebiet der Faltenbekämpfung. Könnte ich selbst brauchen, dachte sie. Die letzten Wochen hatten an ihr gezehrt.

Er schien ihre Gedanken zu lesen. Wenn sie einsteige, bekäme sie alle Produkte um 40 Prozent günstiger.

Beim zweiten Treffen war sie weichgeklopft. Sie erwarb die empfohlene Basisausstattung, „damit Sie die Produkte selbst einmal kennenlernen.“ Ob ihre Freundinnen einen Faltenschwund bemerken würden? Leider nein. Also erzählte sie ihnen „pro-aktiv“ (so hatte es ihr „Manager“, der ausnehmend fesche Gentleman, genannt) von der jüngsten Errungenschaft der modernen Kosmetik. Doch keine hatte Geld dafür. Aber probieren wollten sie gerne und so ging ihre Basisausstattung bald zur Neige.

Am Anfang muss man investieren, sagte ihr Manager. Sie kaufte nach und ließ der Reihe nach alle Bekannten testen. Wieder keine Umsätze. Ihr Manager empfahl eine Verkaufsschulung zum Selbstkostenpreis. Ein Umsatzturbo wäre das, versprach er.

Als ihr dämmerte, dass sie weder ein Verkaufstalent noch im richtigen Milieu unterwegs war, hatte sie schon einige hundert Euro ausgegeben.

Und die Falten waren immer noch da.

Das Management. Unendliche Möglichkeiten für Führungsfehler. Wenn Sie einen solchen loswerden wollen, schreiben Sie an: andrea.lehky@diepresse.com

Ähnlichkeiten mit realen Personen oder Unternehmen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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