Führungsfehler

Telefonterror

Kolumne "Führungsfehler". Es gibt eine Floskel, die alle hassen: „Wir haben Ihnen vor x Tagen eine E-Mail geschickt. Haben Sie die bekommen?“

Schon wieder. Journalisten hören diesen Satz dreimal täglich. „Wir haben Ihnen am Dienstag eine Presseaussendung geschickt. Haben Sie die bekommen?“ Wir bekommen hundert Aussendungen jeden Tag. Welche meinen Sie?

Jetzt gibt es zwei Optionen. Erstens, man findet die Mail und stellt fest, dass sie nicht interessant war. Nein, man will nicht zur Pressekonferenz kommen. Nein, man will nicht darüber berichten. Nein, man ist nicht am exklusiven Exklusivinterview interessiert. Sonst hätte man sich nämlich gemeldet.

Zweitens, man findet die Mail nicht (auch nicht in den "Gelöschten Objekten"). Dann hat die Stimme am anderen Ende der Leitung gemäß ihres Gesprächsfadens eine Lösung: Sie bietet an, die Mail noch einmal zu schicken. Warum sagt sie nicht, worum es geht? - Das weiß sie nicht.

So oder so, man ist aus seiner Konzentration gerissen, aus dem Artikel, an dem man gerade geschrieben hat. Danke schön.

Doch nicht nur Journalisten hassen diesen Satz. Auch Einkäufer, Marketer, IT-Chefs, jeder, dem man etwas verkaufen kann. Am allermeisten Geschäftsführer.

Das Schlimmste ist, dass am anderen Ende immer sehr junge und unerfahrene Juniors (meistens –innen) sitzen, oft Werkstudentinnen oder Neulinge ganz unten in der Hackordnung, die sich gegen den undankbaren Job nicht wehren können. Ein Profi könnte aus dem Telefonat etwas machen. Ein Verkaufsgespräch. Einen Überzeugungsversuch. Zumindest beziehungsstärkendes Schmähführen.

Die armen Juniorinnen aber beherrschen das noch nicht. Meist kommen sie schon bei der Vorstellung ins Stottern („Hier spricht Juliane Himmelfreundpointner von der internationalen Marketing- und Communicationsagentur Uhudler-Raaber-Toifl.“). Ihr Telefonleitfaden erlaubt ihnen kein Schmähführen. Selbst wenn sie es sich trauen würden.

Vielleicht lernt das arme Mädchen ja auf diese Weise Telefonieren, denkt man, während man auflegt.

Dann hätte die Sache wenigstens ein Gutes.

Das Management. Unendliche Möglichkeiten für Führungsfehler. Wenn Sie einen solchen loswerden wollen, schreiben Sie an: andrea.lehky@diepresse.com

Ähnlichkeiten mit realen Personen oder Unternehmen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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