Kolumne "Führungsfehler". Er hatte für das Start-up einen Konzernjob aufgegeben. Weil er in der digitalen Welt etwas bewegen wollte.
„Was macht jemand wie du in so einem alten Kasten“, hatte der Chief Sales Officer (CSO) gehöhnt. „Du gehörst in ein junges dynamisches Unternehmen. So wie unseres.“
Der Stachel saß. Ein Bewerbungsgespräch später – mit dem CSO und dessen Verkäuferin, seiner vermeintlich künftigen Kollegin – hatte der junge HiPo seinem Konzern den Rücken gekehrt und beim Start-up angeheuert. Die Welt schien großartig.
Leider verließ der CSO noch vor des HiPo’s Dienstantritt das Land, um den amerikanischen Markt aufzurollen. „Wer schult mich ein?“, fragte der HiPo seine Kollegin. „Schau in unsere Kundenfiles“, antwortete die. Er blickte nicht durch. Die Struktur unterschied sich von allem, was er bisher gesehen hatte. Sie war Kraut und Rüben.
„Kann ich mit zu einem Kundentermin mitgehen?“, fragte er die Kollegin. „Ich mag das nicht“, wies sie ihn ab. Immerhin ließ sie sich zu einem Trockentraining überzeugen. Bei dem ließ sie kein gutes Haar an ihm.
„Du hast unser Start-up-Vokabular noch nicht verinnerlicht“, kritisierte sie.
„Dann erklär‘ es mir“, antwortete er.
„Keine Zeit“, entgegnete sie. Und dass sie von ihm mehr Respekt erwarte. Schließlich sei sie seine Chefin.
Chefin? Davon wusste er nichts. Sie münzte seine Unkenntnis als Beweis seiner Respektlosigkeit.
In der Folgewoche fiel ihm auf, dass er nicht mehr zum gemeinsamen Mittagessen eingeladen wurde.
Ein HiPo weiß, wann er verloren hat. Er hätte sich durchbeißen können, sagt er, aber da war nichts, was ihn noch reizte. Der Reiz war mit der Persönlichkeit des CSO verfolgen.
Er kündigte vor Ablauf seines Probemonats. Zufällig ging sich ein Exit-Gespräch mit dem CSO aus, der gerade im Land weilte. Er war völlig von den Socken. Das wusste ich nicht, gab er sich zerknirscht. Und dass er einiges hätte klarstellen sollen.
Zu spät, sagte der HiPo. Ohne Bedauern.
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Ähnlichkeiten mit realen Personen oder Unternehmen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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