Kolumne "Führungsfehler". Vom deutschen Blogger Julien Caussin kommt der amüsante Bericht über einen Kollegen, der nie Fehler macht. Immer nur die anderen.
"Wir sollten eine Kalkulation eines komplexen Produktes erstellen. Insgesamt 400 Zeilen, und mein Kollege, im Folgenden „Mr. Perfect“ genannt, hatte bald alle Preise beisammen.
Es ist üblich, derart komplexe Kalkulationen gegenlesen zu lassen, zumal er erst kurz im Unternehmen war. Mr. Perfect wollte davon nichts wissen. Die Projektleitung überzeugte ihn. Mir wurde dafür Zeit bis zum nächsten Mittag gegeben. Ein wenig knapp, aber nun… Ich fing morgens um fünf Uhr an und hatte bis Mittag alles aufgerollt. Gefunden habe ich 45 Fehler.
Mr. Perfect wurde gebeten, sie mit mir durchzugehen. Es stellte sich heraus, dass er keinen einzigen gemacht hatte – nur die anderen.
- Zeile 34: Kupferzuschlag in Preis vergessen. – „Ja, wenn dies der Lieferant nicht im Preis aufführt, sondern in einer Zeile da unten, kann ich auch nichts für.“
- Zeile 121: Preis in US$ für Preis in Euro gehalten – „Warum rechnet ein deutsches Unternehmen auch in US$ ab? Damit rechnet doch keiner.“
- Zeile 128: Hunderter- statt Tausenderpreis genommen. –„Was schwenken die auch immer zwischen Hunderter- und Tausenderpreis hin und her?!“
Die Erklärungen wurden immer abstruser.
- Zeile 237: Offenbar den Preis der Angebotszeile Zeile darüber (2,01 Euro) in die Kalkulation eingesetzt, korrekt: 2,48 Euro. – „Ja, da habe ich den zu erwartenden Verhandlungserfolg bereits in die Kalkulation eingepreist!“
Ich ging kurz frische Luft schnappen. Als ich zurückkam, stauchte Mr. Perfect gerade am Telefon einen Lieferanten zusammen, der nach seiner Darstellung „Euro pro hundert Stück“ und „Cent pro hundert Stück“ verwechselt hatte: "Das muss ich mir nicht bieten lassen! Wenn Sie mir das am Telefon auch noch falsch vorlesen, bringen Sie meine ganze Kalkulation durcheinander!" - Er legte auf und lächelte mir zu: "Wie du siehst, habe ich gerade ein Exempel statuiert!"
Wie zu erwarten, wurde die Diskussion langwierig. Fast hätte ich hingenommen, dass 6p-Flachbandkabel und 34p-Flachbandkabel unabhängig von ihrer Länge einen Einheitspreis kosten. Dass 10 dm² gleich einem Quadratmeter und Frachtkosten aus China vernachlässigbar klein sind. Fast hätte mich Mr. Perfect so weit gebracht, dass ich ihn für fehlerfrei gehalten hätte.
Fast.
Zum Schluss hatten wir die Kalkulation mehr oder minder fertig. "Es ist schade, dass du dich immer in kleinen und unbedeutenden Dingen verzettelst!", gab mir Mr. Perfect zur Abschlussbesprechung mit auf den Weg. "Du musst das große Ganze sehen!"
In der Abschlussbesprechung gab er zu Protokoll, die Kalkulation wäre bis auf ein paar unbedeutende Lieferantenfehler fehlerfrei. Allerdings hätte ich durch meine Rückmeldungen eine “Atmosphäre des Misstrauens” geschaffen.
Ich frage mich: Wie geht man solchen Kollegen um? Wie kann man überhaupt mit ihnen umgehen? Und: Hat er das alles wirklich selbst geglaubt?“
(gekürzt)
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Ähnlichkeiten mit realen Personen oder Unternehmen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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