Die vier Stufen zum Erfolg

Management im Kopf: Folge 12. Die Online-Kolumne stellt das Thema Komplexität in den Mittelpunkt. Diesmal über Paul Watzlawick, den Polarstern der Kommunikation und Wirklichkeit.

In unserer Kolumne „Management im Kopf“ stellt Maria Pruckner führende Forscher vor, deren Beiträge und Denkwerkzeuge für das Meistern von Komplexität sich in der Praxis der Wiener Beraterin und Entwicklerin seit über zwei Jahrzehnten verlässlich bewähren.

Jedem Menschen, der die Notwendigkeit von Selbstreflexion im Umgang mit Komplexität für ebenso wichtig hält wie gelungene Kommunikation, kann man nichts Besseres empfehlen, als die Werke von Paul Watzlawick. Das Buch Menschliche Kommunikation – Formen, Störungen, Paradoxien, zusammen mit Janet H. Beavin und Don D. Jackson verfasst, begleitet mich seit 40 Jahren. Für Führungskräfte und Berater sollte es Pflichtlektüre sein.

Während meiner Schuljahre bei Heinz von Foerster kam ich ab und zu mit Paul Watzlawick ins Gespräch. Dieser ausgesprochen höfliche, zuvorkommende Mensch war kein begeisterter Redner und schon gar kein Small-Talker. Was Wunder, wenn man besser als die meisten anderen weiß, dass sich Botschaften nicht von A nach B transportieren lassen, sondern A nur die Phantasie von B anregen kann…

Watzlawick war einer der ersten Anwender der Kybernetik und ein großer Kenner. Er hat für viele verwirrende Fragen in Sachen Beziehung, Systeme und Radikaler Konstruktivismus wertvolle Unterscheidungen aufgezeigt, die vom naiven zu einem professionellen Denken führen.

Dass ich bis heute meinen ununterbrochenen Marathon von 40 Lernjahren durchgehalten habe, verdanke ich Paul Watzlawicks Stufen des Wissens. Sie sind der Schlüssel zum erfolgreichen Umgang mit den komplexen Systemen unserer Zeit. So wurde mir früh genug klar gemacht, dass ich mir keinen Spaziergang ausgesucht habe. Zu meiner Ausdauer hat mir verholfen, dass ich das Ziel von Anfang an kannte.

Wissen auf der Stufe erster Ordnung ist Wissen durch das Gewahr werden, dass es etwas gibt. Zum Beispiel komplexe Systeme oder die Systemwissenschaften. Wissen auf der Stufe zweiter Ordnung ist bereits Wissen über etwas, zum Beispiel über komplexe Systeme oder die Systemwissenschaften. Wissen auf der Stufe dritter Ordnung ist Wissen, wie man sich im Umgang mit etwas sicher verhält, zum Beispiel im Umgang mit komplexen Systemen oder den Systemwissenschaften.

So weit, so gut. Nun der Schlüssel: Den meisten Menschen gelingt es sehr gut, sich an Änderungen der zweiten Stufe anzupassen. Aber nur, solange sie ihre meist unbewussten Vorannahmen auf dritter Stufe, also über den sicheren Umgang mit etwas, nicht aufgeben oder verändern müssen.

Müssen die Prämissen auf der dritten Stufe aber verändert werden, um ein Problem lösen zu können, ist das nur von einer vierten Stufe aus möglich. Das ist Wissen auf höchster Abstraktionsebene, wie es zum Beispiel der systemwissenschaftlichen Denkschule entspricht. Das schafft das menschliche Gehirn nur selten für ganz kurze Momente. Lange genug hält man nur mit speziell aufgebauten Denk- und Systemwerkzeugen durch.

Einzusehen, dass man für den professionellen Umgang mit komplexen Systemen spezielle Denk- und Systemwerkzeuge braucht, erfordert, seine Vorannahmen auf der dritten Wissensstufe aufzugeben; zum Beispiel, dass man sich auf seine Intuition verlassen kann, und eben neue anzunehmen. Kann man das nicht, schließt sich ein Teufelskreis, der seinen Durchbruch zu einer zeitgemäßen Denkschule verhindert…

Aus dieser Falle kommt man am ehesten heraus, wenn man folgende Frage lösen kann: Woran halte ich unvernünftiger Weise so stur fest, dass ich mir auf meinem Weg zu mehr Erfolg am allermeisten im Weg stehe?

Kurzbiografie Paul Watzlawick

Quell_ewww.aeiou.at

Geboren 1921 in Villach, gestorben 2007 in Palo Alto, USA. Erstmals auffällig wurde er als Wehrmachtsdolmetscher. Er übersetzte, um Gefangenen bei Verhören zu helfen, kritische Aussagen nicht ganz vollständig, flog gegen Kriegsende damit auf und kam in Haft. 1949 Promotion in Philosophie, 1954 Analytiker-Diplom für Psychotherapie am CG-Jung-Institut in Zürich. Während eines anschließenden längeren Aufenthalts in Indien verändert er unter dem Einfluss des Philosophen Jiddu Krishnamurti und Yoga sein Denken radikal. Er wendet sich von der vergangenheitsbezogenen Psychoanalyse ab und entwickelte eine gegenwartsbezogene konstruktivistische Sicht. 1957 bis 1960 lehrt er an der Universität El Salvador Psychotherapie. Danach wurde er als Mitglied der berühmten Palo-Alto-Gruppe Forschungsbeauftragter am Mental Research Institute. Sein Schwerpunkt lag in Kommunikationsprozessen und der systemische Familientherapie. Später lehrte er auch im Fachbereich Psychiatrie an der Stanford University.

Maria Pruckner entwickelt seit 1992 verlässliche Denkwerkzeuge für angewandte Kybernetik zum Problemlösen, Managen und Führen. Als Beraterin, Trainerin und Coach auf diesem Gebiet gehört sie weltweit zu den am längsten dienenden Problemlösern in der Praxis. Sie arbeitet stark vernetzt mit international führenden Experten aus Wissenschaft und Praxis. Im Rahmen ihres Unternehmens stattet und bildet sie interne und externe Experten aus, die sich in Unternehmen und Institutionen auf das professionelle Meistern komplexer Situationen konzentrieren.

Wie geht es Ihnen mit dem Meistern von Komplexität?
Schreiben Sie Ihre wichtigste Frage an Maria Pruckner.
Sie wird darauf eingehen.

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