Ist Führung nötig?

Management im Kopf: Folge 29. Komplexität meistern. Woran man professionelle Führung erkennt.

In unserer Kolumne „Management im Kopf“ stellt Maria Pruckner versierte Wissenschaftler und anerkannte Experten vor, die über wertvolle Erfahrungen und verlässliches Wissen für den professionellen Umgang mit komplexen Problemen und Systemen verfügen. Aktuell verfasst sie zu den bisherigen Beiträgen und Leserbriefen Follow-ups.

Eine häufige Frage unserer Zeit ist, ob Führung überhaupt nötig ist. Sieht man der Tatsache ins Auge, dass weder Information noch Wissen via Nürnberger Trichter von einer Person auf eine andere übergehen können, entsteht eine ganz andere Frage: Ist Führen überhaupt möglich? Und wenn ja, wie?

Braucht man Autokraten?

Heinz von Foerster hat das logische Kalkül in die Welt gebracht, dass wirksames Führen ein voneinander lernen sein muss, wie man gemeinsam Zwecke erfüllen und Ziele erreichen kann. Jeder muss jeden führen können, jeder muss Manager sein. Von einem autoritären Führungsstil darf man nicht mehr erwarten als von jemandem, der keine Hinweise von den Sinnesorganen bekommt, also blind, taub, geschmack- und gefühllos handelt.

Braucht man Führung?

Ob eine Firma oder Einrichtung auch ohne Führung funktionieren kann, klärt sich vor allem an der Frage, wer aufgrund der Rechtsform Verträge unterzeichnen und haften muss. Ohne Führung sind Gruppen dann erfolgreich, wenn alle Involvierten die entscheidenden Werte, Fähigkeiten und zu verwirklichenden Zwecke und Ziele fraglos verinnerlicht haben. Theaterensembles sind ein Beispiel dafür. Sie werden durch Regisseure auf das autonome Arbeiten vorbereitet, ab der Premiere arbeiten sie ohne Chef.

Wo braucht man wann was?

Organisationsstrukturen ordnen die Kommunikation, Entscheidungen, Verantwortung und Machtverhältnisse. Effektive Organisationen ergeben sich aus der Frage, was eine Einheit leisten soll und welche Informationen und Ressourcen dafür wann wo in welcher Form gebraucht werden. Managementmoden sind kein Kriterium.

Braucht man Macht?

Tragen Personen Verantwortung, müssen sie auch entscheiden können, brauchen sie also Macht. Macht bedeutet nicht per se Gewalt. Sie bedeutet, etwas machen, etwas durch- und umsetzen zu können. Wer über die Fähigkeit verfügt, das Vertrauen und die Einsicht von Menschen zu gewinnen und erhalten, wird nur selten Druck und Zwang ausüben müssen.

Wie man intelligent organisiert

Mit seinem Viable System Model zeigte Stafford Beer, dass eine Hierarchie und eine Heterarchie auf eine ganz bestimmte Art und Weise miteinander verbunden sein müssen. Diese erfolgreiche Architektur ergibt sich aus der logischen Anordnung ordnungsbildender Steuerungs- und Regulierungsfunktionen, die allen einzelnen ergebnisverantwortlichen Einheiten ein intelligent angelegtes autonomes Arbeiten ermöglichen.

Braucht man unfähige Leute?

Hierarchien und Chefs sind meist dann unbeliebt, wenn sie versagen oder auch nur unangenehme Entscheidungen treffen. Machen Chefs Führungsfehler, ist dafür jedoch nicht die Hierarchie verantwortlich, sondern deren Qualifikation.

Braucht man „Komplexitäts-Kompetenz“?

Komplexe Systeme – Menschen, Unternehmen, usw. – steuern und regulieren sich durch innere Vorgänge, nicht durch äußere. Sie sind wie eigenwillige Wesen, die nur das tun, was sie können und wollen. Erfolgreiches Arbeiten verlangt, genau zu verstehen, woher diese „Eigenwilligkeit“ kommt, wohin sie führen kann, wie man Chaos vermeidet und Ordnung ermöglicht.

Braucht man Unternehmensführung?

Braucht man das Organisieren vieler lebender, geistiger, materieller und energetischer Elemente für das Verwirklichen bestimmter Zwecke und Ziele sowie das Lenken und Anpassen einer ganzen Unternehmung in seiner Umwelt? Wachsen Firmen wie Steinpilze aus dem Boden? Segelt ein Schiff von selbst von A nach B?

Braucht man Menschenführung?

Ist es nötig, Menschen die nötigen Hinweise zu geben, damit sie mithelfen können, angestrebte Ergebnisse zu erzielen? Kann man ein Spiel gewinnen, dessen Elemente, Funktionen und Regeln man nicht kennt?

Braucht man Selbstführung?

Ist das Steuern und Regulieren des eigenen Verhaltens nötig? Könnte man die anspruchsvolle Erwerbsarbeit des 21. Jahrhunderts auch von Kleinkindern erfolgreich erledigen lassen, wenn sie nicht verboten wäre?

Ist Führen möglich?

Führen ist möglich, wenn sie bei der professionellen Selbstführung jeder einzelnen Person ansetzt.

Worauf man verzichten kann und sollte

Sorglos verzichten kann und sollte man in Sachen Erfolg auf alles, was die erforderliche Sensitivität, Lernfähigkeit und Kreativität in komplexen Umgebungen behindert, unterdrückt, zerstört: Informationsmangel, Selbstherrlichkeit, Eitelkeit, Empfindlichkeit gegenüber Kritik, Bildungsdefizite, Ungenauigkeit, Schlampereien, Unehrlichkeit, Vergesslichkeit, Unzuverlässigkeit, Eigensinnigkeit, Fantasielosigkeit, die Unfähigkeit, sich in die Köpfe und Lage anderer versetzen zu können und zu kooperieren, Korruption im engeren und weiteren Sinne.

Woran man professionelle Führung erkennt

Auf Menschen mit echter Selbst- und Menschenführungskompetenz kann man sich in jedem Fall hundertprozentig verlassen, außer sie sind unüberwindbar verhindert.

Menschen mit echter Kompetenz zur Unternehmensführung kennen die erfolgsentscheidenden Parameter, unterscheiden vermeintliche Probleme von tatsächlichen, identifizieren potenzielle Schwierigkeiten schon im Vorhinein und umgehen sie geschickt.

Wer die Fähigkeit der Selbst-, Menschen- und Unternehmensführung in sich vereint hat, bleibt auch dann noch ruhig, konzentriert und fokussiert, wenn alle anderen schon orientierungslos sind. Sie suchen, finden und geben die erforderliche Orientierung. Ob sie dabei Maßanzüge tragen, aussehen wie George Clooney, so charismatisch wirken wie Meryl Streep und dergleichen, ist völlig unerheblich.

Maria Pruckner entwickelt seit 1992 verlässliche kybernetische Denkwerkzeuge für den professionellen Umgang mit hoher Komplexität und Dynamik. Als Beraterin, Trainerin und Coach auf diesem Gebiet gehört sie weltweit zu den am längsten dienenden Problemlösern in der Praxis. Sie arbeitet stark vernetzt mit international führenden Experten aus Wissenschaft und Praxis. Im Rahmen ihres Unternehmens in Wien stattet und bildet sie interne und externe Experten aus, die sich in Unternehmen und Institutionen auf das professionelle Meistern komplexer Situationen konzentrieren.

Wie geht es Ihnen mit dem Meistern von Komplexität?

Schreiben Sie Ihre wichtigste Frage an Maria Pruckner.
Sie wird darauf eingehen.

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