Krieg der Alphatiere

Kolumne "Hirt on Management". Folge 18: Wenn Topmanagementteams nur streiten, statt Ergebnisse zu erzielen.

In unserer Rubrik "Hirt on Management“ beantwortet Michael Hirt, Managementexperte und -berater, Executive Coach und Keynote Speaker, alle zwei Wochen Fragen von Managern zu herausfordernden Situationen und kritischen Entscheidungen.

Frage:

Ich bin als externer CEO in ein mittelständisches Unternehmen hineingekommen und habe 2 weitere Vorstandsmitglieder. In unserem Dreiervorstand kommt es immer wieder zu sehr zeitintensiven Diskussionen bei wichtigen Entscheidungen, die es meiner Sicht oft sehr unproduktiv verlaufen. Was kann ich tun?

Michael Hirt antwortet:

Grundsätzlich sollte sich ein Topmanagementteam auf jene Themen konzentrieren, die am wichtigsten sind, und auf die Probleme fokussieren, die ausschließlich das Topmanagement lösen kann.

In strategischen Bereich geht es daher primär um den Fortschritt, den das Unternehmen in Richtung der Erfüllung seines Kernauftrages und der Erreichung seiner strategischen Ziele macht, um strategische Schlüsselprojekte, die einen hohen positiven oder negativen Wertbeitrag für das Unternehmen leisten können, sowie um das aktive Chancen- und Risikomanagement.

Auf der operativen Seite sollten vor allem Einstellungs- und Beförderungsentscheidungen. sowie die operative Performance und deren kontinuierliche Verbesserung im Vordergrund stehen.

Wenn ein Konflikt im Topmanagementteam sachlicher Natur ist, dann gilt es als erstes zu klären, ob der Konflikt über die zu erreichenden Ziele, oder über die Wege dorthin besteht, damit man auf der richtigen Ebene ansetzt.

Zunächst sollten die Ziele, die es zu erreichen gilt, gemeinsam klar definiert werden. Wichtig dabei ist es, die Ziele unabhängig von den im Moment erkannten Handlungsalternativen festzulegen. Kann schon über die Ziele kein Konsens hergestellt werden, hat es keinen Sinn, über die Wege zu diskutieren. Kann sich ein Managementteam, auch nach redlicher Anstrengung und Einbeziehung des Eigentümers oder Aufsichtsrats nicht auf die zu erreichenden Ziele einigen, dann wird es wohl zu personellen Änderungen kommen müssen.

Moderieren und transparent machen

Besteht Einigung über die Ziele, aber unterschiedliche Meinungen über die Wege, um diese Ziele zu erreichen, sind vonseiten des CEOs als Moderator, die Alternativen zur Erreichung der Ziele aufzuzeigen und klar auszuformulieren, um allen Teammitgliedern und deren Sichtweisen gerecht zu werden.

Danach sollte man Präferenzen einzelner Teammitglieder möglichst früh transparent machen, um keine Zeit auf Unwichtiges, also Alternativen, die sowieso keiner für sinnvoll erachtet, zu verschwenden.

Die gewählten Alternativen sind auszuformulieren und deren Vor- und Nachteile gemeinsam herauszuarbeiten. Alternativen sollten mit externen Maßstäben (Best Practice Cases, Mitbewerber etc.) verglichen werden, um die Qualität der Lösung zu erhöhen.

Wichtig ist bei diesem Diskussionsprozess, dass es klare Regeln gibt, wie das Team miteinander umgeht, auf deren konsequente Einhaltung auch geachtet wird, damit zwar in der Sache hart, aber auf menschlicher Ebene fair, miteinander umgegangen wird.

Weiters sind die sachlichen und persönlichen Interessen der einzelnen Teammitglieder zu klären, um hier einen Abgleich schaffen zu können. Dazu können auch Einzelgespräche des CEO’s mit den Teammitgliedern im Vorfeld von Entscheidungssitzungen hilfreich sein, in denen in einen offenen Gespräch geklärt werden kann, was notwendig ist, um das einzelne Teammitglied zu einem Konsens zu bewegen.

Autorität als letzen möglichen Ausweg

In letzten Schritt fungiert der CEO als Filter für die verschiedenen Alternativen und unterstützt das Team zu einer Entscheidung zu kommen, die den Interessen des Unternehmens am besten dient. Manchmal ist es dabei, für die bestmögliche Lösungsvariante, notwendig Alternativen miteinander zu verbinden.

Nur in letzter Konsequenz sollte der CEO von der Möglichkeit Gebrauch machen, die Entscheidung alleine bzw. autoritär zu treffen. In einem zeitgemäßen Führungsmodell kann diese Vorgangsweise nur die letzte Konsequenz sein, weil ein durchgehend autoritärer Führungsstil dazu führen würde, dass sich die anderen Teammitglieder zurückziehen und ihre besten Ideen und Lösungsansätze nicht mehr einbringen.

Wenn der Konflikt bereits eine unsachliche Dimension erreicht hat, bzw. auf die persönliche Ebene heruntergerutscht ist, dann es deutlich schwieriger zu einer Lösung zu kommen.

Neun Stufen der Eskalation

Für eine erste Analyse dieser Situation eignet sich die neunstufige Skala der Konflikteskalation von Glasl.

Solange sich der Konflikt noch in den ersten drei Stufen der Skala (Verhärtung, Debatte, Taten/Unterlassungen) befindet, können Sie ihn normalerweise noch aus eigener Kraft lösen, insbesondere wenn es im Team klare Spielregeln gibt und sich zumindest der CEO, besser aber alle, dafür verantwortlich fühlen, diese konsequent einzuhalten.

Befindet sich der Konflikt bereits in den zweiten drei Stufen der Skala (Feindbilder/Koalitionen, Gesichtsverlust, Drohungen), dann „hat der Konflikt, die Konfliktparteien“ und es ist ein neutraler Dritter notwendig, um den Konflikt wieder in den Griff zu bekommen und sich langsam wieder Schritt für Schritt, die Eskalationsstufen zurück zu arbeiten. Wenn der CEO von allen Beteiligten als neutraler Dritter gesehen wird, kann er diese Rolle einnehmen. Ansonsten würde ich empfehlen eine andere, als neutral angesehene interne oder externe Person einzuschalten, die eine moderierende Rolle einnehmen kann.

Ist der Konflikt bereits so weit, dass er die dritten drei Stufen der Skala erreicht hat (begrenzte Vernichtungsschläge, Zersplitterung, gemeinsam in den Abgrund), dann sind die konstruktiven Lösungschancen schon relativ gering und es ist erfahrungsgemäß ein gewaltsamer Eingriff von außen notwendig, um den Konflikt in den Griff zu bekommen. In der Praxis bedeutet das meistens eine personelle Veränderung, meistens verbunden mit einer Intervention des Eigentümers oder des Aufsichtsrats.

Das Wichtigste in Kürze

Wenn ein Konflikt im Topmanagementteam sachlicher Natur ist, dann gilt es als erstes zu klären, ob der Konflikt über die zu erreichenden Ziele, oder über die Wege dorthin besteht. Besteht Einigung über die Ziele, aber unterschiedliche Meinungen über die Wege, um diese Ziele zu erreichen, sind vonseiten des CEOs als Moderator, die Alternativen zur Erreichung der Ziele und deren Vor- und Nachteile aufzuzeigen und das Team zu einem Konsens hinzuführen. Wenn der Konflikt bereits eine unsachliche Dimension erreicht hat, bzw. auf die persönliche Ebene heruntergerutscht ist, hängt die zielführende Vorgangsweise von der Eskalationsstufe des Konflikts ab. Bei mittlerer Eskalation kann u.U. ein neutraler Dritter helfen, bei höherer Eskalation, nur mehr ein gewaltsamer Eingriff von außen.

In „Hirt on Management“ beantwortet Michael Hirt, Managementexperte und -berater, Executive Coach, Keynote Speaker und Buchautor alle 2 Wochen Fragen von ManagerInnen zu herausfordernden Situationen und kritischen Managemententscheidungen.

Schicken Sie Ihre Fragen an Michael Hirt an: karrierenews@diepresse.com

Die Fragen werden anonymisiert beantwortet.

Ausblick: Die nächste Kolumne von Michael Hirt erscheint am 28. April zur Frage: Geheimnisse der Macht. Wie Sie in Organisationen wirklich etwas weiter bringen.

Hier finden Sie die gesammelten Kolumnen.

Dr. Michael Hirt, geboren 1965 in Wien, ist Managementexperte und -berater, Executive Coach, Keynote Speaker und Buchautor. Hirt verhilft Führungskräften zu schnellen Leistungs- und Ergebnissteigerungen, mit hoher Auswirkung auf den Erfolg ihres Unternehmens. Er studierte in Österreich, Kanada (McGill) und Frankreich (INSEAD MBA) und ist weltweit tätig.

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