Das Wichtigste für einen neuen CEO

Kolumne "Hirt on Management". Folge 34. Worauf es wirklich ankommt.

In unserer Rubrik "Hirt on Management" beantwortet Michael Hirt, Managementexperte und -berater, Executive Coach und Keynote Speaker, alle zwei Wochen Fragen von Managern zu herausfordernden Situationen und kritischen Entscheidungen.

Frage:

Ich werde demnächst als externer CEO eines größeren, mittelständischen Familienunternehmens starten. Worauf muss ich achten?

Michael Hirt antwortet:

Das Wichtigste ist Ihre Beziehung zu den Schlüsselaktionären des Unternehmens.

Sie müssen sich klarmachen, dass Sie sich als externer CEO in einem Familienunternehmen in eine prekäre Lage begeben, an der schon so mancher gescheitert ist, der unter den völlig anderen Rahmenbedingungen eines Konzerns sehr gute Erfolge erzielt hatte.

Nehmen wir mal den durchaus häufigen Fall an, dass Sie mit einem Patriarchen oder einer Patriarchin bzw. einem Gründer konfrontiert sind, der Sie geholt hat, um das Unternehmen operativ zu führen, während er sich in den Aufsichtsrat "zurückzieht".

Die Anführungszeichen um das Wort "zurückziehen" fassen das Problem eigentlich schon ganz gut zusammen.

Das Unternehmen ist für den Patriarchen nicht einfach irgendein Unternehmen, geschweige denn ein schnöder Arbeitsplatz, sondern seine Lebensleistung, für die er über Jahrzehnte hinweg Mühsal, Schweiß, Tränen und manchmal sogar Blut aufgebracht hat.

Erfolgreiches Unternehmertum erfordert typischerweise einen sehr ausgeprägten Willen zum Erfolg und die Bereitschaft, dafür über längere Zeit zahlreiche Entbehrungen, Risiken und Härten auf sich zu nehmen und komplizierte Probleme in der Realität unter hohem Druck zu lösen.

Daraus ergeben sich drei wesentliche Punkte, die es dem Patriarchen fast unmöglich machen, sich aus dem Tagesgeschäft heraus zu halten bzw. nicht jede Ihrer Entscheidungen in Frage zu stellen oder einfach durch Direktdurchgriff auszuhebeln:

Erstens sind Unternehmer mit dem Unternehmen extrem emotional verbunden, das Unternehmen ist für sie im Extremfall fast wie ein Teil ihres Körpers. Reaktionen und Verhalten sind daher oft nicht rational, sondern emotional, und wirken für Außenstehende damit überraschend, egoman, irritierend bzw. demotivierend.

Zweitens führt die ausgeprägte Ziel- und Erfolgsorientierung vieler Unternehmer dazu, dass sie gewohnt sind, Entscheidungen schnell und oft "aus dem Bauch heraus" zu treffen, sofort umzusetzen und auch bereit sind, bei der Umsetzung die eine oder andere riskante Abkürzung zu nehmen. Auch diese Verhaltensweisen haben das Potenzial, konventionelle Manager - die eine strukturierte und orthodoxe Vorgangsweise gewohnt sind - auf dem falschen Fuß zur erwischen.

Drittens erfordert erfolgreiches Unternehmertum ein sehr hohes und belastbares Selbstwertgefühl, was dazu führen kann, dass der Gründer sich für eine ganz außergewöhnliche Person hält, die sich von kaum jemandem etwas sagen lassen muss. Und das Schlimme daran ist: in vielen Fällen wird es stimmen, dass der Gründer eine außergewöhnliche Person ist!

Wenn Sie sich zutrauen, mit diesen Rahmenbedingungen und dieser Art Mensch gut zurecht zu kommen und eine Zusammenarbeitsbeziehung aufbauen zu können, die trotz allem auf gegenseitiger Wertschätzung und Respekt beruht, dann haben Sie gute Karten.

In meiner nächsten Kolumne plaudere ich aus dem Nähkästchen und gebe Ihnen konkrete Praxistipps aus meiner Erfahrung über den erfolgreichen Umgang mit Alphatieren und anderen ausgeprägten Persönlichkeiten.

Das Wichtigste in Kürze

Sie müssen sich klarmachen, dass Sie sich als externer CEO in einem Familienunternehmen in eine prekäre Lage begeben, an der schon so mancher gescheitert ist. Überlegen Sie sich genau, ob Sie sich zutrauen, mit diesen Rahmenbedingungen gut zurecht zu kommen.

Schicken Sie Ihre Fragen an Michael Hirt an: karrierenews@diepresse.com. Die Fragen werden anonymisiert beantwortet.

Ausblick: Die nächste Kolumne von Michael Hirt erscheint am 08. Dezember zur Frage: Erfolgreicher Umgang mit Alphatieren.

Die gesammelten Kolumnen finden Sie hier.

Dr. Michael Hirt, geboren 1965 in Wien, ist Managementexperte und -berater, Executive Coach, Keynote Speaker und Buchautor. Hirt verhilft Führungskräften zu schnellen Leistungs- und Ergebnissteigerungen, mit hoher Auswirkung auf den Erfolg ihres Unternehmens. Er studierte in Österreich, Kanada (McGill) und Frankreich (INSEAD MBA) und ist weltweit tätig.

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