Managementwahnsinn - Wahnsinnsmanagement

Wie Sie in einer Hochleistungs-Arbeitsumgebung überleben

Kolumne "Hirt on Management". Folge 91.

In unserer Rubrik „Hirt on Management“ beantwortet Michael Hirt, Managementexperte und -berater, Executive Coach und Keynote Speaker alle zwei Wochen Fragen von Managern zu herausfordernden Situationen und kritischen Entscheidungen.

Was Sie an der Harvard Business School lernen

Ich habe vor kurzem ein Executive Program an der Harvard Business School (HBS) abgeschlossen und nachdem ich dort extrem viel Spannendes gelernt habe, habe ich gedacht, dass es interessant wäre, die Kernpunkte daraus in einigen meiner nächsten Kolumnen mit Ihnen zu teilen:

Professorin Lakshmi Ramarajan und ihre Kollegin Erin Reid haben sich damit beschäftigt, welche Verhaltensstrategien es für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Hochleistungs-Arbeitsumgebungen gibt. 
Hochleistungs-Arbeitsumgebungen sind dadurch charakterisiert, dass von den Mitarbeitern erwartet wird, dass Sie jederzeit verfügbar und 100 Prozent engagiert sind. 

Dabei kommen typischerweise andere Lebensbereiche als die Arbeit, wie z.B. Beziehungen, Elternschaft, persönliche Bedürfnisse und Gesundheit, zu kurz.

Menschen die in Hochleistungs-Arbeitsumgebungen arbeiten, wenden typischerweise eine der drei folgenden Strategien an, um damit umzugehen.

Das System akzeptieren

Menschen, die das System akzeptieren, passen sich den Anforderungen des Systems an und bringen 100 % Einsatz, weil es erwartet und belohnt wird.

Dieses Verhalten birgt zwei große Risiken. Erstens, dass man sich langsam in den Burn-out hinein arbeitet. Zweitens, dass man sich schwieriger von beruflichen oder anderen Rückschlägen, die die berufliche Leistung beeinträchtigen, erholen kann, weil die gesamte Lebensidentität alleine von der Arbeit abhängig ist.

Oft haben auch Menschen, die das System akzeptieren, Probleme damit erfolgreich Mitarbeiter zu entwickeln, weil sie mit anderen Menschen nicht umgehen können, die nicht 100 Prozent Leistung erbringen.
Die Empfehlung für diese so genannten „Akzeptierer“ ist, aktiv Zeit für andere Lebensaspekte einzuplanen und ein Verständnis für andere Mitarbeiter und Kollegen zu entwickeln, für die die Arbeit nicht die einzige Priorität ist.

Das System austricksen

„Austrickser“ finden Wege um ihre Karriere mit anderen Aspekten ihres Lebens erfolgreich zu verbinden, in dem sie das System austricksen.
Dazu werden verschiedenste Taktiken angewandt. Eine Taktik besteht darin, die Information über seinen Aufenthalt – beziehungsweise Arbeitsort anderen, zum Beispiel Kollegen und Klienten, nicht offen zu legen, und dadurch Optimierungsmöglichkeiten, z.B. für Familie und Sport zu eröffnen. 

Eine weitere Taktik ist zum Beispiel, als Berater lokale Klienten aufzubauen, die es ermöglichen, die Reisezeiten deutlich zu reduzieren oder verstärkt mit Klienten zu arbeiten, bei denen Video- und Telefonkonferenzen möglich sind.

Ein wichtiger Aspekt der Austrickser-Strategie besteht typischerweise darin, diese Strategien vor anderen geheim zu halten, um Kritik, Neid oder Missgunst zu vermeiden. Man bringt einfach seine Ergebnisse und redet über die anderen Aspekte nicht.

Der Nachteil dieser Strategie ist, dass es möglicherweise schwieriger wird, starke Beziehungen zu anderen Kollegen und Vorgesetzten in der Arbeit herzustellen, weil man einen Teil seines Lebens und die dazugehörigen Taktiken geheim halten muss.

Außerdem hält man nach außen die Illusion der 100-prozentigen Verfügbarkeit aufrecht und gibt damit ein verfälschtes Bild ab, dass dazu bei trägt, dass andere, die die Trickserei nicht durchschauen, zur Akzeptanz des Systems verleitet werden und beschleunigt in den Burn-out gehen.

Die Empfehlung für Austrickser ist, mit ausgewählten Kollegen Beziehungen aufzubauen und sich mit diesen Kollegen über Strategien, um im System zu überleben, auszutauschen und dadurch auch zu vermeiden, dass diese Kollegen zur kritiklosen Akzeptanz verleitet werden.

Das System herausfordern

Die dritte Strategie besteht darin, das System offem herauszufordern und konkrete Verbesserungen und Anpassungen einzufordern, die ein besseres persönliches Management von Arbeit und anderen wichtigen Lebensaspekten ermöglicht.

Forschungsergebnisse in Hochleistungs-Arbeitsumgebungen zeigen, das „Herausforderer“ In vielen Fällen mit negativen Konsequenzen für ihre Karriere zu rechnen haben.

Paradoxerweise, kann eine Herausforderer-Strategie auch dazu führen, dass der „Herausforderer“, aufgrund seiner/ihrer vermeintlichen geringeren Leistungsorientierung, die aus der offenen Herausforderung der Organisation abgeleitet wird, an Glaubwürdigkeit verliert und dadurch weniger Einfluss auf die Veränderung der Organisation nehmen kann!

Das Wichtigste in Kürze
Wenn Sie in Hochleistungs-Arbeitsumgebungen erfolgreich sein und trotzdem ein Leben haben wollen, dann empfiehlt sich eine Austrickser-Strategie. Bringen Sie Ihre Ergebnisse, minimieren sie den Zeitaufwand dafür und leben Sie Ihr Leben außerhalb der Arbeit erfolgreich, ohne darüber zu reden. Paradoxerweise haben Sie dadurch auch die höchsten Chancen, das System von Innen zu verändern.

In „Hirt on Management“ beantwortet Michael Hirt, Managementexperte und -berater, Executive Coach, Keynote Speaker und Buchautor alle 2 Wochen Fragen von ManagerInnen zu herausfordernden Situationen und kritischen Managemententscheidungen.

Schicken Sie Ihre Fragen an Michael Hirt an: karrierenews@diepresse.com

Die Fragen werden anonymisiert beantwortet.

Ausblick: Die nächste Kolumne von Michael Hirt erscheint am 14. Februar 2019 zur Frage: Wie Sie als Manager bei Ihren Mitarbeitern Höchstleistung ohne Burn-Out erzielen

Hier finden Sie die gesammelten Kolumnen.

Dr. Michael Hirt ist Managementexperte und -berater, Executive Coach, Keynote Speaker und Buchautor. Hirt verhilft Führungskräften zu außergewöhnlichen Leistungs- und Ergebnissteigerungen, mit hoher Auswirkung auf den Erfolg ihres Unternehmens. Er studierte in Österreich, den USA (Harvard LPSF) und Frankreich (INSEAD MBA) und ist weltweit tätig.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

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