Managementwahnsinn - Wahnsinnsmanagement

Wie Sie als Manager bei Ihren Mitarbeitern Höchstleistung ohne Burn-Out erzielen

Kolumne "Hirt on Management". Folge 92.

In unserer Rubrik „Hirt on Management“ beantwortet Michael Hirt, Managementexperte und -berater, Executive Coach und Keynote Speaker alle zwei Wochen Fragen von Managern zu herausfordernden Situationen und kritischen Entscheidungen.

Was Sie an der Harvard Business School lernen

Ich habe vor kurzem ein Executive Program an der Harvard Business School (HBS) abgeschlossen und nachdem ich dort extrem viel Spannendes gelernt habe, habe ich gedacht, dass es interessant wäre, die Kernpunkte daraus in einigen meiner nächsten Kolumnen mit Ihnen zu teilen:

Wenn Ihnen als Manager Mitarbeiter anvertraut sind, dann ist das mehr als eine rein vertragliche, funktionale Beziehung. 

Sie sind natürlich nicht für den gesamten Lebenserfolg dieses Menschen zuständig, aber sie haben, aus menschlicher Sicht, angemessene Verantwortung für diesen Menschen zu übernehmen. 
Das bedeutet zum Beispiel, dass Sie nicht einfach rücksichtslos 100 Prozent Leistung von diesem Menschen fordern können, ohne ihm dafür auch angemessene Rahmenbedingungen und Unterstützung zu geben. In der Praxis können Sie das mit folgenden Maßnahmen machen, die Professorin Lakshmi Ramarajan und ihre Kollegin Erin Reid identifiziert haben:

Entwickeln Sie Ihre eigene, vielseitige Identität

Ein Problem damit, wenn unsere gesamte Identität von unserer Arbeit abhängt, ist dass berufliche Herausforderungen und Rückschläge uns viel stärker negativ beeinflussen. 

Ein weiteres Problem ist, dass Menschen, die sich nur mit ihrer Arbeit beschäftigen, in Wirklichkeit oft langweilig und eindimensional sind und persönlich nicht viel zu bieten haben. 

Das ist ein Problem, insbesondere wenn man z.B. im High End-Bereich erfolgreich verkaufen möchte. Denn die dortigen Entscheider wollen nicht nur ausgezeichnete Leistungen, das ist für Sie bei den Preisen, die sie bereit sind zu zahlen, eine Selbstverständlichkeit, sondern auch mit interessanten Menschen zusammenarbeiten, die sie insgesamt unterhalten und bereichern. 

Um also mehr Widerstandsfähigkeit und eine höhere Attraktivität für andere Menschen zu erlangen, sollten Sie selber bei sich beginnen und Ihre Identität außerhalb ihrer Arbeit pflegen: ihren Gemeinschaftsbeitrag, ihre sportliche Identität, ihre Familienidentität, sowie außerberuflichen Interessen und Hobbys.

Sie werden dadurch nicht nur besser leben, sondern gleichzeitig auch geschäftlich erfolgreicher und auch zu einem besseren Vorbild und damit zu einer besseren Führungskraft für ihre Mitarbeiter. Hört sich nach einem guten Deal an. 

Minimieren Sie zeitbezogene Belohnungen

Wir leben gar nicht in einer Leistungsgesellschaft, sondern wir leben in einer Ergebnisgesellschaft. Was wirklich zählt ist, nicht wie viel man rein baggert, sondern was dabei rauskommt. 

Trotzdem gibt es noch immer viele Geschäftsmodelle, die auf subtile oder weniger subtile Art darauf beruhen, den Arbeitseinsatz, statt die Ergebnisse, zu maximieren.

Wenn zum Beispiel, ein Berater dafür belohnt wird, dass er eine hohe Auslastung hat oder möglichst viele Stunden an den Klienten verkauft, dann fördert man eine geistlose Inputmaximierungsmentalität, die nicht nur den Mitarbeitern schadet, weil sie unsinnige Incentives setzt, sondern auch höchst unethisch gegenüber den Klienten ist.

Den welcher vernünftige Kaufmann möchte den längeren Weg gehen, wenn er das gleiche Ziel schneller erreichen kann? Wenn aber der Berater am längeren Weg besser verdient, dann brauchen Sie nicht lange zu rätseln, welchen Weg er Ihnen empfehlen wird. 

Schützen Sie das Privatleben Ihrer Mitarbeiter 

Die Praxis vieler Unternehmen, die ihren Mitarbeitern theoretisch, unbegrenzte Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten geben, hat sich in vielen Fällen als im Endeffekt nicht so glücklich erwiesen.

Netflix, zum Beispiel, hat Mitarbeitern unbegrenzte Urlaubszeiten angeboten. Das hat in der Praxis dazu geführt, dass viele Mitarbeiter mehr als zuvor gearbeitet haben.

Theoretisch bestand zwar die ausgesprochene Norm, dass man unbegrenzten Urlaub machen darf, in der Praxis galt aber die unausgesprochene Norm, dass man rund um die Uhr verfügbar sein sollte. 

Unternehmen sollten daher, im Gegenteil, überlegen, klare Regeln zu Mindesturlauben, regelmäßigen Arbeitspausen und vernünftigen Gesamtarbeitszeiten pro Woche für alle Mitarbeiter aufzustellen, um diese dabei zu unterstützen breitere, persönliche Identitäten zu entwickeln.

Das Wichtigste in Kürze

Pflegen und entwickeln Sie Ihre Identität außerhalb ihrer Arbeit. Sie werden dadurch nicht nur besser leben, sondern gleichzeitig auch geschäftlich erfolgreicher und auch zu einem besseren Vorbild und damit zu einer besseren Führungskraft für ihre Mitarbeiter.

In „Hirt on Management“ beantwortet Michael Hirt, Managementexperte und -berater, Executive Coach, Keynote Speaker und Buchautor alle 2 Wochen Fragen von ManagerInnen zu herausfordernden Situationen und kritischen Managemententscheidungen.

Schicken Sie Ihre Fragen an Michael Hirt an: karrierenews@diepresse.com

Die Fragen werden anonymisiert beantwortet.

Ausblick: Die nächste Kolumne von Michael Hirt erscheint am 28. Februar 2019 zur Frage: Wie Sie einen neuen Blick auf Ihre Strategie werfen

Hier finden Sie die gesammelten Kolumnen.

Dr. Michael Hirt ist Managementexperte und -berater, Executive Coach, Keynote Speaker und Buchautor. Hirt verhilft Führungskräften zu außergewöhnlichen Leistungs- und Ergebnissteigerungen, mit hoher Auswirkung auf den Erfolg ihres Unternehmens. Er studierte in Österreich, den USA (Harvard LPSF) und Frankreich (INSEAD MBA) und ist weltweit tätig.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

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