Danke, ich denke lieber selbst

Warum es nicht immer angenehm sein muss, „abgeholt“ zu werden.

Das hört sich gut an: „Ich hole dich ab, und dann führe ich dich fein aus.“ Es kann so schmeichelhaft sein, abgeholt zu werden. Oder so unangenehm bis schmerzhaft: Dann nämlich, wenn es die Polizei oder die Rettung ist, die abholt.

Auch in Unternehmen werden Menschen „abgeholt“: in Teams und in Besprechungen, weil sie nicht denselben Wissensstand wie andere haben. Oder weil sie die Omega-Position beziehen. Die Omegas sind der „äußere Feind“ innerhalb der Gruppe: weil sie mit der Aufgabe überforderte Nachzügler oder vom Ziel nicht überzeugte Distanzierte sind. Oder weil sie als Rebellen die Methoden für sinnlos und die Alpha-Figur in ihrer Führungsrolle für inkompetent halten.

Die Alphas und Betas (die Experten und Berater in der Gruppe) versuchen regelmäßig, die Omegas zu integrieren und sie abzuholen. Das ist löblich. Allerdings ist Vorsicht geboten: Wer abholt, stellt ein Rangverhältnis her. Das begeistert diejenigen, die abgeholt werden sollen, nicht immer restlos. Letztlich aber liegt es an ihnen selbst, sich abholen zu lassen oder lieber selbst zu fahren. Oder: Es liegt an ihnen, selbst zu denken und eigene Wege zu wählen.

E-Mails an: michael.koettritsch@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2014)

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