Geschlossene Anstalt

Warum Offenheit meist an enge Grenzen stößt.

Unternehmen verlangen sie. Bewerber, spätere Mitarbeiter und selbstverständlich Führungskräfte sind sich sicher, in hohem Ausmaß über sie zu verfügen: über Offenheit.

Ob sie alle auch das Bild von Offenheit im Kopf haben, von dem das Wörterbuch spricht? Nämlich eine freimütige Wesensart zu besitzen, rückhaltlos ehrlich, aufgeschlossen, und bereit zu sein, sich mit jemandem oder etwas unvoreingenommen auseinanderzusetzen, wie es der Duden zusammenfasst.
Auch Organisationen nehmen für sich und ihre Unternehmenskultur gerne in Anspruch, offen zu sein. Bloß bekommt diese oft verwendete Phrase „offen für Anregung sein“ dabei eine ganz neue, durchaus sprechblasige Bedeutung. „Offen für Anregungen“ zu sein, bedeutet dann in vielen Fällen nicht anderes als: Hier dürfen alle offen alles an- und aussprechen, solange sie der Meinung des Managements nicht widersprechen.
Wie diese Form der Offenheit zu verstehen ist, macht unter den Mitarbeitern meinst schnell die Runde. Entsprechend werden sie sich benehmen. So geistesabwesend wie die Patienten einer geschlossenen Anstalt.

(Print-Ausgabe, 25.06.2016)

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