Sprechblase Nr. 247. Warum „Zeitkultur“ auch nur ein Missverständnis ist.
Beim Thema Kultur bekommen Führungskräfte gern große Ohren. Kultur klingt gescheit, gepflegt, gehoben – kultiviert eben. Wer kultiviert ist, kann kaum ein schlechter Mensch sein.
Kultur taugt also zur Imagepolitur. Sie haben Führungskräfte angesichts der Zwölf-Stunden-Tageshöchstarbeitszeit-Debatte nötig, die sie als Ausbeuter erscheinen lässt. Da ist die Rede von Unternehmens- und Fehlerkultur und nun auch von – Achtung, Sprechblase – Zeitkultur. (Jaja, Zeit managen, in den Griff bekommen, Zeit ist Geld etc.)
Was dabei oft übersehen wird: Kultur ist kein Steuerungselement, man kann sie nicht vorschreiben. Der Kultur liegen Normen, Werte und Haltungen zugrunde, doch Kultur ist immer nur, was tatsächlich gelebt wird – als Summe tatsächlicher Verhaltensweisen.
So genau will es meist eh keiner wissen. Hauptsache, kultiviert geht es zu.
In den Sprechblasen spürt Michael Köttritsch, Leiter des Ressorts "Management & Karriere" in der "Presse", wöchentlich Worthülsen und Phrasen des Managersprechs auf und nach.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2018)