Warum die Tiere Ruhe brauchen

Ein Rothirsch kämpft sich durch den Schnee.
Ein Rothirsch kämpft sich durch den Schnee.APA
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Strenge Winter sind eine Belastung für Wildtiere. Sie müssen sparsam mit ihren Energien umgehen – sonst überleben sie nicht.

Nicht nur den Menschen, auch den Tieren macht der viele Schnee derzeit zu schaffen. Vielleicht kennst du das Video, in dem Bahnmitarbeiter eine im Schnee feststeckende Gams befreien? Außerdem sind viele Wildfütterungsstellen nicht zu erreichen – weil die Forstwege nicht geräumt sind oder weil die Lawinengefahr zu groß ist. Brauchen Wildtiere jetzt die Hilfe von Menschen? Oder kommen sie ganz gut ohne diese Eingriffe von außen zurecht? Das haben wir Walter Arnold gefragt – er ist Forscher für Wildtierkunde an der Veterinärmedizinischen Universität in Wien. „Die Wildfütterung sichert den Winterlebensraum“, sagt er. „Normalerweise würde das Rotwild im Winter von den Bergen wegziehen und sich in Aulandschaften, etwa im Inntal, niederlassen. Dort ist das Klima milder, und es gibt mehr Nahrung. Diese saisonalen Wanderungen können die Tiere aber nicht mehr machen, weil es Autobahnen und viel Besiedelung gibt.“

Die Winterfütterung sei daher gerechtfertigt. „Außerdem kann man mit der Wildfütterung das Wild lenken – es wird dadurch von schadensanfälligen Wäldern ferngehalten.“ Sonst seien die Tiere für den Winter gut gerüstet. „Gämse, Steinböcke oder Rothirsche schrauben ihre Stoffwechselaktivität im Winter um die Hälfte herunter. Das ist im Prinzip so ähnlich wie bei den Winterschläfern, nur nicht so extrem. Sie leben auf Sparflamme, die äußeren Körperteile werden sehr kalt, dafür brauchen sie aber auch weniger Futter“, erklärt Arnold. Selbst wenn genug Futter da wäre, fressen sie nicht mehr, haben die Forscher beobachtet.

Tödliche Gefahr. Ein Problem haben die Tiere aber: Wintersportler, die die Rückzugsräume der Tiere nicht respektieren und mit Skiern oder Schneeschuhen bis in die hintersten Winkel vordringen. Denn: Es kostet die Tiere enorm viel Energie, vom Sparmodus in den Fluchtmodus umzuschalten. Ein Energieverbrauch, der sie in harten Wintern das Leben kosten kann. „Wir sind daher für ein Netz von Wildruhezonen, in denen es ein absolutes Betretungsverbot gibt“, sagt Arnold. „Vorhersagbare Sicherheit ist für die Wildtiere sehr wichtig – mindestens so wichtig wie die Fütterung. Wenn die Leute auf Wanderwegen oder Skipisten bleiben, stört das die Tiere nicht, daran haben sie sich längst gewöhnt“, so der Forscher. Dass in strengen Wintern viele junge und schwache Tiere nicht überleben, sei hingegen normal. „Das ist seit Jahrtausenden so.“

Wusstest du schon, dass . . .

. . . es für die meisten Wildtiere normal ist, sich einschneien zu lassen? Sie können tagelang in Schneehöhlen bleiben und nichts tun. Ein Eingreifen ist daher nicht gefragt – die Tiere erschrecken dadurch nur und schalten auf Fluchtmodus um.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2019)

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